Nahrungsergänzungsmittel sind meistens überflüssig, manchmal gefährlich und fast immer höchst profitabel für die Hersteller. Diese benötigen bisher keine Zulassung, um Pillen mit Vitaminen, Mineralstoffen und so manch anderem auf den Markt zu bringen. Die Grünen fordern nun eine Regulierung für Nahrungsergänzungsmittel.
Nahrungsergänzungsmittel boomen
Etwa jeder dritte Erwachsene nimmt regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel ein, jeder Vierte sogar mehr als ein Produkt pro Tag. Einer Analyse des Marktforschungsinstituts „Insight Health“ zufolge wurden letztes Jahr in Deutschland insgesamt 225 Millionen Packungen Nahrungsergänzungsmittel verkauft und damit 1,44 Milliarden Euro Umsatz gemacht. Als Verkaufsschlager unter den Nahrungsergänzungsmitteln gelten Vitamine und Mineralstoffe.
Meistens überflüssig, manchmal sogar gefährlich
Solche Pillen sind jedoch meistens überflüssig. Denn fast alle Deutsche nehmen über ihre Nahrung genug Nährstoffe auf. Nahrungsergänzungsmittel sind daher laut Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) „im Allgemeinen nicht notwendig“ – gerade, weil sie überwiegend von Menschen eingenommen werden, die sich ausgewogen ernähren, und sie Studien zufolge keine positive Wirkung haben.
Bisher benötigen Hersteller keine Zulassung, um Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt zu bringen. Für deren Sicherheit und Wirksamkeit ist also ausschließlich der Hersteller verantwortlich. So geraten auch schwarze Schafe in den Handel. Oft sind das Potenzmittel mit albernen Namen und gefährlichen Inhaltsstoffen: Das Nahrungsergänzungsmittel Rammbock zum Beispiel wird zwar als rein natürlich bezeichnet, enthält aber den Wirkstoff „Sildenafil“, der eigentlich nur nach vorheriger ärztlicher Verordnung eingenommen werden darf und im schlimmsten Fall tödliche Wirkung haben kann. Doch auch bei Vitamin-Präparaten kann es zu einer problematischen Überdosierung kommen und Magnesium-Tabletten enthalten laut Verbraucherzentrale häufiger unzulässige Stoffverbindungen.
Grüne fordern eine Regulierung
„Das Geschäft mit Nahrungsergänzungsmitteln, die wenig bis keinen Nutzen haben und schlimmstenfalls bei Überdosierung sogar gefährlich sind, muss endlich reguliert werden“, sagte die ernährungspolitische Sprecherin der Grünen Renate Künast dem Handelsblatt. Sie fordert eine staatliche Zulassungspflicht mit einer behördlichen Sicherheitsprüfung für Nahrungsergänzungsmittel und eine öffentliche Liste im Internet, die darüber informiert, welche Produkte geprüft wurden. Das Ernährungsministerium lehnt eine nationale Regulierung ab und spricht sich für eine europäische Regelung aus. Frau Künast kritisiert das scharf: „Die politische Mutlosigkeit der Ministerin legt die Vermutung nahe, dass ihr die Profitinteressen der Wirtschaft wichtiger sind als das Wohlergehen und die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher.“