Mit Produkten wie Smarties, Häagen-Dazs und Nestea steht Nestlé nicht gerade für gesunde Produkte, doch dass der Konzern sich das selbst eingesteht, kommt trotzdem überraschend: Mehr als 60 Prozent der Nahrungsmittel und Getränke von Nestlé entsprechen einer internen Präsentation zufolge nicht der „anerkannte[n] Definition von Gesundheit“.
Nestlé hält eigene Produkte für ungesund
Nestlé verkauft weltweit die meisten Nahrungsmittel und Getränke: 2020 hat der Lebensmittelgigant 84 Milliarden Franken Umsatz gemacht. Nun berichtet die Financial Times von einer internen Präsentation, die eigentlich nur für Top-Manager und nicht für die Öffentlichkeit gedacht war. Darin heißt es: Mehr als 60 Prozent der Nahrungsmittel und Getränke von Nestlé entsprechen nicht dem, was der Konzern als „anerkannte Definition von Gesundheit“ bezeichnet. Und so frei von jeglichem PR-Sprech gesteht Nestlé sich darauf die bittere Wahrheit ein: Einige Produkte oder gar Kategorien würden niemals gesund werden, „egal wie sehr wie uns erneuern“.
Worauf sich die Zahlen beziehen
Produktbereiche wie Babynahrung, Tierfutter, Kaffee und Gesundheitsprodukte wurden für die Daten, die dem Dokument zugrunde liegen, außenvorgelassen. Dennoch machen die Bereiche, auf die sich das Dokument bezieht, rund die Hälfte des Konzernumsatzes aus: Von diesen erreichen nur 37 Prozent der Produkte dreieinhalb von fünf Sternen und gelten damit als „gesund“. Besonders schlecht schneiden erwartungsgemäß die Bereiche Süßigkeiten und Getränke ab. Als Bewertungsskala benutzte Nestlé das australische Sterne-Gesundheitsranking für Lebensmittel. Auch das hierzulande bekannte Nutri-Score-Modell findet sich in der Präsentation: Eine Orangenlimo der Marke San Pellegrino bekam die schlechteste Bewertung E, weil sie mehr als 7,1 Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthält. Darauf stellt sich Nestlé selbst die rhetorische Frage: „Sollte eine Marke, die Wert auf Gesundheit legt, solche Bewertungen akzeptieren?“.
Nestlé will Produkte gesünder machen
„Gut essen, gut leben“ lautet der Unternehmensslogan von Nestlé. Das erklärte Ziel des Unternehmens ist es, das gesamte Portfolio „schmackhafter und gesünder“ zu machen. Der Konzern betont in der Präsentation, die Produkte „deutlich verbessert“ zu haben, aber im Vergleich immer noch „unterdurchschnittlich abzuschneiden“. Vor zwei Jahren veröffentlichte die Ernährungsministerin Julia Klöckner ein umstrittenes Video mit dem Nestlé-Chef für Deutschland, indem die Ministerin Nestlé dafür lobt, den Anteil von Zucker, Salz und Fett in den Produkten zu reduzieren. Doch der Konzern hat seine eigenen Ziele zum Großteil verfehlt, wie er auf der Unternehmenswebsite schreibt: Seit 2017 finden sich 60 000 Tonnen Zucker weniger in Nestlé-Produkten, was einer Reduzierung von 4,5 Prozent entspricht – geplant waren jedoch 5 Prozent. Der Salzgehalt sei um 10 000 Tonnen reduziert wurden, das sind jedoch nur 3,8 Prozent anstatt der angepeilten 10 Prozent. Nur bei der Reduzierung des Fettgehalts um 10 Prozent hat der Konzern sein eigenes Ziel eingehalten.