Seit Jahrtausenden essen wir Brot, seit einigen Jahren kaufen es einige Menschen in der glutenfreien Variante. Sie glauben, dass glutenfrei besser ist. Doch gibt es einen Grund für Menschen, die nicht an einer Gluten-Unverträglichkeit leiden, auf Gluten zu verzichten?
Was ist Gluten?
Gluten ist ein Bestandteil vieler Getreidesorten wie Dinkel, Weizen, Roggen und Hafer. Wenn es mit Wasser in Berührung kommt, bildet Gluten Klebeeiweiße. Diese sorgen dafür, dass Getreidemehle zu einem klebrigen Teig verarbeitet werden können und verbessern ihre Backfähigkeit: Durch Gluten geht Brot besser auf und wird fluffiger.
Sollten gesunde Menschen auf Gluten zu verzichten?
Brot, Nudeln oder Müsli ohne Gluten liegen im Trend, obwohl in Deutschland nur jede*r 200ste unter einer Gluten-Unverträglichkeit leidet. Es gibt Bücher mit Titeln, die Angst machen, wie „Dumm wie Brot: Wie Weizen schleichend Ihr Gehirn zerstört“. Diese haben dazu beigesteuert, die Zahlen derjenigen in die Höhe zu treiben, die entweder sich selbst eine Gluten-Unverträglichkeiten diagnostiziert haben oder lieber vorsorglich freiwillig darauf verzichten. Dazu kommt noch, dass glutenfreie Produkte als besonders gesund vermarktet werden. Auf metafact, einer „Plattform zur Überprüfung von Fakten“, diskutierten 36 Expertinnen und Experten darüber, ob es wirklich wissenschaftliche Belege gibt, dass Gluten ungesund ist. Das Ergebnis ist eindeutig: 94 Prozent sagen nein, Gluten ist nicht ungesund.
So schreibt Frank Kneepkens, Gastroenterologe an der VU University Medical Center in Amsterdam: „Weizen ist seit Zehntausenden von Jahren Teil der menschlichen Ernährung, und unsere Vorgänger waren erfolgreich damit. Es gibt eine wichtige Ausnahme: Gluten ist giftig für Menschen mit Zöliakie, die etwa 1% der Gesamtbevölkerung ausmachen. Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, bei der sich das Immunsystem des Patienten so verhält, als ob Gluten gesundheitsschädlich ist und angegriffen werden sollte.“
Besser nicht glutenfrei
Gesunden Menschen wird sogar empfohlen, Gluten zu essen, weil viele Vollkornprodukte Gluten enthalten. Ein Verzicht auf Gluten führt zu einer weniger vielfältigen Ernährung. Ärzte raten daher Personen, die nicht an Zöliakie leiden, davon ab, auf Gluten zu verzichten. So sind viele Lebensmittel, mit denen man Weizen und anderen glutenhaltige Getreidesorten ersetzen würde, stärker mit Schwermetallen belastet. Reis enthält zum Beispiel viel Arsen und Fisch Quecksilber. Zudem weisen Untersuchungen darauf hin, dass eine glutenfreie Ernährung zu ungesünderen Ersatzprodukten führen kann: Wer Produkte mit Gluten meidet, nimmt dadurch häufig einerseits mehr Fett, Zucker und Salz zu sich sowie anderseits weniger Eisen, Zink und Ballaststoffe.
„Viele Menschen gehen davon aus, dass Gluten ungesund ist und hoffen auf allgemein gesundheitssteigernde Effekte der Diät wie Gewichtsverlust oder einen Schutz für die Herzkranzgefäße“, sagt Dr. Peter Hasselblatt, Leiter der Darmambulanz am Universitätsklinikum Freiburg. Doch dies sei nicht wissenschaftlich belegt, er rät daher davon ab, freiwillig auf Gluten zu verzichten: „Eine aus diesem Grund durchgeführte langfristige Umstellung der Ernährung ist nicht zu empfehlen: Sie ist teuer und kann sogar gesundheitsschädlich sein.“