Noch vor wenigen Jahren waren Vegetarier sowie Veganer eine gesellschaftliche Minderheit, die sich teilweise mit dem negativ behafteten Ruf als Hippies und Besserwisser auseinandersetzen musste. Heute zählt jeder eine Handvoll Menschen in seinem Freundes- und Bekanntenkreis, die aus verschiedensten Gründen auf eine pflanzliche Ernährungsweise umgestiegen sind. Während diese Tatsache zwar immer wieder für Diskussionsstoff und ein Gefühl von Rechtfertigung sorgt, hat der Markt das wirtschaftliche Potenzial längst erkannt.
In der heutigen Zeit ist es wahrscheinlich einfacher denn je sich frei von tierischen Produkten zu ernähren. Gerade in der Bundesrepublik findet man in nahezu jedem Restaurant eine Handvoll veganer Gerichte und auch die großen Supermarktketten haben den Trend mittlerweile erkannt. Milchalternativen aus Soja und Hafer, veganes Fleisch oder Süßigkeiten ohne tierische Produkte stehen an der Tagesordnung und werden von unzähligen umweltbewussten Konsumenten folgerichtig wertgeschätzt und gekauft.
Der Absatz mit veganen Lebensmitteln steigt
Vor allem im Zuge der Coronakrise hat sich der Verkauf veganer Leckereien vervielfacht, wodurch der Durchbruch aus der Nische laut Marktforschern unterstrichen wird. Der Wurstwarenhersteller Rügenwalder Mühle aus dem niedersächsischen Bad Zwischenahn verzeichnete in besagten Monaten beispielsweise eine Umsatzsteigerung von bis zu 100 Prozent bei den im Sortiment enthaltenen, fleischlosen Alternativprodukten. Der direkte Konkurrent Wiesenhof aus Visbek bei Vechta beobachtet ein ähnliches Wachstum, vor allem bei Veggie-Alternativen für Fleisch, wie zum Beispiel dem „Bruzzzler Veggie“.
Damit knüpfen die Big Player in der veganen Lebensmittelindustrie an das starke Wachstum aus den vergangenen Jahren an. Seit 2018 machen Fleischalternativen, laut einer Studie des Investorennetzwerks FAIRR-Initiative, stetig größere Umsatzschritte. Zwar handelt es sich dabei um einen noch verhältnismäßig kleinen Anteil am Gesamtumsatz, dennoch können sich die Zahlen sehen lassen: Der konventionelle Fleischmarkt stieg zuletzt um lediglich sechs Prozent, während die fleischlosen Äquivalente im vergangenen Jahr um sage und schreibe 25 Prozent in die Höhe schossen.
Von der Akzeptanz zum Mainstream?
Schon die Milchalternativen haben den Markt gefühlt über Nacht im Sturm erobert. Auch die Fleischalternativen versuchen im Windschatten einen ähnlichen Werdegang hinzulegen. Mit fleischlosen Burgern in Restaurants, Veggie-Wurst bei der Brotzeit und veganem Hackfleisch auf dem Grill hat die gesamtgesellschaftliche Sicht auf Veganismus eine allgemein positive Richtung eingeschlagen. Mit der steigenden Akzeptanz und einem vermehrten Interesse bleibt auch die wirtschaftliche Finesse von Lebensmittelkonzernen nicht aus, die dadurch vermehrt vegane Artikel produzieren und im Supermarkt anbieten.
In der immer größer werdenden Palette sieht der Verband für Alternative Proteinquellen (BalPro), einer Interessenvertretung von rund 70 Unternehmen aus der Lebensmittelbranche, trotzdem Luft nach oben. Zudem sei es wünschenswert, dass die Politik die Regionalisierung der Produkte im eigenen Land vorantreibt . „Wir müssen hier auch den Anbau von Eiweißpflanzen ermöglichen, damit das Ganze auch effizient und ökologisch möglich ist.“, sagt BalPro-Vorstandsmitglied Sebastian Biedermann.