Eigentlich besteht der Konsens, dass Schwangere keinen Alkohol trinken sollten, weil schon geringe Mengen dem ungeborenen Kind dauerhaft schaden können. Und dennoch trinken etwa 40 % der Schwangeren zumindest gelegentlich, hat nun eine Studie der Universitätsklinik Zürich ergeben. 18 % trinken sogar mindestens wöchentlich.
Die Daten wurden vor Ort erhoben, sind aber im Prinzip auch auf umliegende Länder wie Deutschland und Österreich übertragbar. Das Ergebnis ist alarmierend und überraschend – eigentlich gilt Alkohol während der Schwangerschaft in unserer Gesellschaft als Tabu. Wie kann es sein, dass dennoch so viele Schwangere trinken?
Offensichtlich werden die Folgen unterschätzt. Tendenziell achten Schwangere mehr auf die Gesundheit, das hat die Studie auch ergeben. Gesunde Ernährung, regelmäßige Arztbesuche, weniger Alkohol – im Vergleich zu Nichtschwangeren ist das Verhalten natürlich achtsamer. Es wird auch weniger geraucht. Trotzdem greifen auch 10% der Frauen zumindest manchmal zum Glimmstengel – die Versuchung ist zu groß. Gerade im ersten Trimester ist der Fötus besonders anfällig, wenn sich die Organe bilden. Also wenn viele Frauen noch gar nicht wissen, dass sie schwanger sind. Aber auch später greift ein bedeutender Teil der Schwangeren immer wieder zum Glas. Total abstinent bleiben laut der Schweizer Studie dort 60 % der Frauen.
Die Wirkung von Alkohol auf das ungeborene Kind ist mitunter schwer einzuschätzen. Es gibt keine verlässliche Grenze, bis zu der etwas Alkohol vielleicht unbedenklich sein könnte. Offensichtlich denken viele, dass ein Glas ab und zu keine Folgen hat – aber das ist ein Irrtum. Der Alkohol geht vom Blutkreislauf der Mutter direkt ins Blut des ungeborenen Kindes über. Und manchmal haben schon geringe Mengen dauerhafte Auswirkungen.
Das Fetale Alkoholsyndrom (FAS) ist hierzulande die häufigste angeborene Krankheit, also häufiger als das Down-Syndrom. Es zeigt sich in verzögerter Entwicklung, Verhaltensstörungen, körperlichen Fehlbildungen und Schäden am Zentralen Nervensystem. Andere Alkohol-Schäden sind nicht sofort erkennbar, sondern zeigen sich erst im Grundschulalter: Konzentrations- und Lernschwächen etwa, auch Hyperaktivität oder aggressives Verhalten können auftreten.
Deshalb gilt in Deutschland nach wie vor die 0-Promille-Empfehlung. Die spricht sich leicht aus – in der Umsetzung fehlt Schwangeren offenbar häufig Unterstützung. Selbst wenn Frauen die Schwangerschaft gut vertragen, sind sie im Alltag eingeschränkt. Keine verrauchten Bars, kein Anstoßen mit Sekt – es geht hier nicht nur um den Inhalt des Glases. Sondern sie sind von vielen sozialen Situationen ausgeschlossen. Oder halt dabei, aber eben nicht wie die anderen, die sich gehen lassen können. Neun Monate Selbstdisziplin sind unglaublich schwer. Hier trägt auch das Umfeld Verantwortung. Denn der Verzicht ist nicht so schwer, wenn die anderen mitziehen. Nicht nur Partner*innen, auch im Freundeskreis muss hier mehr Achtsamkeit herrschen. Und gleichzeitig sollten die Folgen nicht kleingeredet werden – nicht im privaten Kreis, und auch nicht von den Medien.