Es mag sich vernünftig anhören, was aktuell in unserem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bearbeitet wird: bei der Nährwertkennzeichnung sollen die Verbraucher mit einbezogen werden und gleichzeitig soll das Max-Rubner-Institut (MRI) verschiedene Nährwertkennzeichnungs-Systeme untersuchen. Aus diesen Ergebnissen soll dann, zusammen mit den Ergebnissen der EU-Kommission, entschieden werden, welche Lebensmittelkennzeichnung in Deutschland gelten soll. Im Grunde, so soll man meinen, sollte dadurch doch die beste Kennzeichnungsform herausgefiltert werden.
Jede Medaille hat zwei Seiten
Das Ganze hat aber einen sehr großen Haken: kein Nährwertkennzeichnungs-Modell ist uneingeschränkt zu empfehlen oder abzulehnen, so heißt es im vorläufigen Bericht des MRI. Jedes von den zwölf untersuchten relevanten Nährwertkennzeichnungs-Modellen hat Stärken und Schwächen. Rein objektiv lässt sich also kein Modell zum Sieger erklären. Das Ziel von Bundesernährungsministerin Klöckner ist dafür um so aussagekräftiger für die Entscheidung: das neue System soll den Verbrauchern einfach und auf einen Blick Hilfestellung für eine gesunde Wahl geben und möglichst breit zur Anwendung kommen. Daher läuft aktuell noch bis September eine Verbraucherforschung durch ein Meinungsforschungsinstitut bei dem vier Modelle dem Verbraucher präsentiert werden und er diese auf Verständlichkeit und Wahrnehmung bewerten soll.
Nutri-Score erfüllt die gestellten Anforderungen am besten
Dieser Aufgabe hat sich auch Foodwatch, mehrere Ärzteverbände und ein Lebensmittelhersteller gewidmet und die eigene, repräsentative Forsa-Umfrage veröffentlicht. Die Ergebnisse stellen den Nutri-Score als eindeutigen Sieger hervor. Verglichen in der Umfrage wurden hier der Nutri-Score und der vom MRI im Auftrag von Frau Klöckner entwickelte „Wegweiser Ernährung“. Zwar liefert das Modell des MRI mehr Informationen bezüglich Nährwertangaben, wie die genauen Mengen von Salz, Fett und Zucker, doch ist die Kennzeichnung weder auf einen Blick gut zu erfassen noch eine wirkliche Neuerung zur aktuellen Nährwertkennzeichnung auf der Packungsrückseite. Die befragten Verbraucher empfanden ihn als „verwirrend“ (60%) und „kompliziert“ (65%) wohingegen der Nutri-Score als „auffallend“ (90%) und „leicht verständlich“ (78%) eingeordnet wurde. Gerade bei den wichtigsten Zielgruppen ist der Nutri-Score dem Wegweiser Ernährung deutlich voraus: besonders Befragte mit Hauptschul- oder mittleren Abschluss sowie Befragte mit einem BMI von über 30 empfanden die Auswahl von gesunden Lebensmitteln durch den Nutri-Score als erleichtert und die gezeigten Informationen als ausreichend. Der höhere Informationsgehalt beim Wegweiser Ernährung kann die anderen Nachteile dieser Kennzeichnungsmethode einfach nicht ausgleichen.
Eigentlich sollte die Entscheidung damit klar sein: im Bezug auf das formulierte Ziel der Ministerin muss der Nutri-Score eingeführt werden. Er ist klarer erkennbar, einfacher zu lesen und leistet gerade für die entsprechenden Zielgruppen eine enorme Hilfestellung hin zu einer gesunden Ernährung. Warum hier in Deutschland seit Jahren diskutiert wird, ein eigenes Kennzeichnungs-System entwickelt wird und auch noch jegliche Kennzeichnungen aufwendig verglichen werden müssen, ist mir absolut schleierhaft. Ein weiterer Pluspunkt des Nutri-Scores: dieses Modell ist in der EU schon weit verbreitet. In Frankreich und Belgien kommt er bereits zum Einsatz und Spanien, Portugal, Luxemburg und die Schweiz möchten ihn noch einführen. Einige Hersteller sowie Danone, Iglo und Bofrost benutzen auch hierzulande schon den Nutri-Score. Es wäre also schon sehr stark verwunderlich, wenn die EU-Kommission den Nutri-Score negativ bewerten würde, wenn es darum geht ein einheitliches europäisches Kennzeichnungs-System zu schaffen.
Gesunde Ernährung wäre endlich leicht
Was ich persönlich für wirklich angenehm am Nutri-Score empfinde ist, dass er wirklich kinderleicht zu lesen und zu erklären ist. Und damit meine ich wortwörtlich kinderleicht. Anstatt Kindern lang und breit erklären zu müssen warum sie denn jetzt keine Capri-Sonne trinken sollen, obwohl da doch so viele Früchte auf der Packung sind, kann man einfach sagen „Das ist rot gekennzeichnet und daher nicht gesund, such dir eine Kleinigkeit aus die grün, gelb oder orange ist“. Es könnten sich zudem neue, einfache Diät-Modelle entwickeln wie: einmal in der Woche darf man etwas aus Kategorie E einkaufen, der Großteil des Einkaufswagens muss aus Produkten der Kategorie A und B bestehen und 2-3 Mal pro Woche darf etwas aus der Kategorie C und D konsumiert werden. Das klingt doch viel einfacher als Punkte rechnen, Kalorien zählen oder auf Kohlenhydrate zu verzichten, oder nicht?