Sein eigenes Brot selber backen ist zum Trend geworden. Jeder erzählt mir, er hätte jetzt ein eigenes Brot gebacken. Da ich einen Ernährungsblog betreibe, wollte ich jetzt nicht der scheinbar Einzige sein, der diesem Trend nicht folgt. Ausgerechnet ich, der immer so viel selber machen möchte und auf Qualität achtet. Ich liebe es zum Beispiel Pizza selber zu machen. Wenn es so viele Menschen machen, dann kann es ja wohl auch nicht so schwer sein.
Ich kann gar nicht so schlecht kochen, davon bin ich überzeugt. Meine Stärke liegt darin, auf dem letzten Meter echt noch alles aus dem Essen raus zu holen. Gib mir einen Kühlschrank mit fünf Sachen drin, irgendwas koche ich schon daraus. Ein Rezept brauche ich nicht. Ein gelernter Koch dürfte mir beim eigentlichen Kochprozess wahrscheinlich nicht zu genau über die Schulter schauen, aber probieren darf er am Ende gerne.
Beim Backen ist das alles nichts wert. Backen ist nichts anderes als Chemie mit einem festen Rezept. Die einzelnen Zutaten müssen im richtigen Verhältnis, bei der richtigen Temperatur und dann auch noch für die richtige Zeit in den Ofen. Jetzt bitte nur unterheben, Teig ziehen nicht kneten, mindestens fünf Minuten kneten, ruhen lassen… das sind Dinge, die brauche ich in meiner Küche nicht. Ich habe davon keine Ahnung und das auch noch nie gemacht. Umso größer war für mich der Anreiz mein erstes eigenes Brot zu backen. Ich war einfach neugierig, was da am Ende bei rauskommt.
Natürlich mache ich es, wenn überhaupt, dann ganz richtig. Ich suche mir einen Blog, der nichts anderes macht, als sich über Brot backen auszulassen. Die Zubereitung von fünfzig verschiedenen Brotsorten wird dort sehr ausführlich erklärt, weshalb ich dem Blogbetreiber sofort einiges an Kompetenzen zugeschrieben. Mein Favorit braucht Sauerteig und der braucht Zeit. Deshalb habe ich mich direkt ans Werk gemacht und das sich dort auf dem Blog befindliche Sauerteigrezept ausprobiert.
Vollkornmehl und Wasser im richtigen Verhältnis, rühren und stehen lassen, jeden Tag ein wenig füttern… Nach fünf Tagen hatte ich etwas, dass definitiv nicht nach Sauerteig aussah. Alles kommt direkt in den Eimer! Ich möchte die Schuld nicht auf das Blogrezept schieben, habe aber definitiv ziemlich genau versucht mich daran zu halten. Egal warum es letztendlich nicht funktioniert hat, ich lege mein Selber-Brot-backen-Projekt vorerst zur Seite.
Etwa einen Monat später finde ich mich mit meiner Freundin in einem Geschäft, welches sich ausschließlich über Backsachen definiert. Meine Begeisterung hielt sich anfangs in Grenzen. Dann stand ich vor den ganzen Backbüchern und dort hatte ich sehr schnell ein Brotbackbuch, eines sehr bekannten Verlages für Kochbücher, in der Hand. Rezept für Sauerteig war drin, es unterschied sich deutlich von dem, das ich bereits ausprobiert hatte und folglich nahm ich das Buch mit.
Sauerteig neu angesetzt, fünf Tage außer täglich kurz rühren nichts zu machen, dann einmal ordentlich füttern und… und… und es wurde ein perfekter Sauerteig, wie ich ihn kannte. In meiner Begeisterung habe ich mir das wahrscheinlich aufwendigste Brotrezept in meinem neuen Zauberbrotbackbuch ausgesucht. Etwa sechs bis sieben Stunden verbrachte ich mit verrühren, ruhen lassen, kneten, ziehen, ruhen lassen, ziehen, ruhen lassen, ziehen, ruhen lassen. Irgendwann war es dann soweit, der Teighaufen kommt in den Ofen und ich habe mich wie ein kleines Kind vor den Ofen gesetzt und die gesamten 40 Minuten Backzeit meines ersten gerade backenden Brotes beobachtet.
Ich war begeistert! Mein Brot riss direkt auf, so dass sich eine musterhafte aufgerissene Kruste bildete. Nach und nach bekam mein Brot zudem die richtige Farbe. Am Schluss noch der Klopftest, der einem verrät, ob das Brot auch tatsächlich durch ist. Mein Erstlingswerk hat perfekt funktioniert. Zu diesem Zeitpunkt ist es bereits etwa halb zwölf Uhr abends, ich müde und der nächste Tag ein Montag, also ab ins Bett. Jetzt noch auskühlen lassen und eine Nacht darüber schlafen. Am nächsten Morgen geht der erste Weg in die Küche, das Brotmesser knackt das Brot auseinander und ich bin nicht nur optisch begeistert. Vielleicht etwas mehr Salz als vom Erfinder gedacht, aber das ist eher in meinem Sinn. Ich bin zufrieden – sehr sogar!
Selbst am sechsten Tag nach meiner Brotbackaktion waren die letzten drei Scheiben noch echt gut. Jedes Standardbrot aus dem Supermarkt-Schnell-Bäcker kann man in der Regel nach drei Tagen vergessen. Mein Fazit ist eindeutig, Brot selber backen ist nicht nur ein Erlebnis, es ist auch noch richtig lecker. Ich werde definitiv mal wieder selbst ein Brot backen, das richtige Rezept habe ich jetzt ja. Aber eine Dauerlösung und damit Bäckereiersatz wird es wohl nicht werden. Der Aufwand für einen einzigen Laib Brot ist doch schon unverhältnismäßig hoch.
PS: Ich wollte den übrigen Sauerteig trocknen, so dass dieser bei Bedarf einfach wieder „aufgeweckt“ werden kann. Das ging in die Hose! Das nächste Brot wird notgedrungen wieder fünf Tage Vorlaufzeit haben. Ich bin einfach kein Bäcker!