Heute ist Essen ein Genuss und die Zeiten, in denen Nahrungsaufnahme der reinen Selbsterhaltung diente, sind zum Glück längst vorbei. Wir entdecken immer wieder neue Geschmäcker und lassen uns von herrlichen Kreationen verführen, wenn da nicht die Waage wäre…
Essen wäre ein noch größerer Genuss, wäre da nicht die leidige Waage, welche uns schonungslos auf unser kleinen wiederkehrenden Sünden hinweist. Schon wieder ein Kilo mehr. Tsja, was so schnell geht, wenn man mal wieder nicht Maß gehalten hat, ist auf der anderen Seite oftmals viel schwerer wieder loszuwerden. Deshalb ist der allmorgendliche Kilo-Check auf der Waage für viele ein standardisiertes Ritual geworden. Zeigt sich hier die richtige Zahlenkombination ist alles in Ordnung, aber wehe dies tut es nicht. Dann muss ich heute wohl wieder eine Mahlzeit streichen und am besten sofort ins Fitnessstudio, eine Runde auf dem Fahrrad drehen oder ab zum schwimmen.
Was wir dabei nicht oder meist erst zu spät bemerken ist, dass unser Gewicht den Tag bestimmt. Es macht uns abhängig und beschäftigt uns. Ganz automatisch sorgt es dafür, ob wir uns wohl fühlen und gut gelaunt sind, oder uns unter weiten Oberteilen verstecken und unzufrieden mit uns selbst sind.
Forscher begleiten 1900 junge Mädchen 10 Jahre lang
Es stimmt, wer regelmäßig auf der Waage nach dem Rechten schaut, dem fällt es deutlich leichter sein eigenes Körpergewicht zu halten oder auch abzunehmen. Das klingt doch schon einmal sehr verlockend. Wird rechtzeitig festgestellt, dass der Trend nach oben zeigt, so kann problemlos gegengesteuert werden. Ein paar hundert Gramm loszuwerden ist eben einfacher als gleich 5 Kilo abzunehmen.
Der regelmäßige Blick auf die Waage hat aber auch seine Schattenseiten. Gerade bei jungen Mädchen kann dieses Verhalten manchmal zu schwerwiegenden Problemen führen. Das stellen jetzt Wissenschaftler der Universität von Minnesota fest. Grundlage dafür bildete das EAT-Projekt (Eating and Activity in Teens and Young Adults). Hier wurden rund 1.900 Mädchen von etwa 15 Jahren über 10 Jahre hinweg begleitet und kontinuierlich deren Body-Mass-Index (BMI) errechnet. Das war aber nicht das einzige Kriterium, auf welches die Forscher geachtet haben. Es wurde darüber hinaus abgefragt wie häufig die jungen Mädchen ihr Gewicht kontrollieren und was sie ganz poersönlich für ihr ideales Körpergewicht halten. Es wurde auch ermittelt, ob die Mädchen sich um ihr Gewicht Sorgen machen und wie zufrieden sie damit sind. Zuletzt spielte im Rahmen der Untersuchung eine entscheidende Rolle, ob sich bei den Mädchen depressive Symptome bzw. sich ungesundes Essverhalten, wie extreme Diäten oder sogar Essstörungen, einstellten.
Die Waage macht junge Mädchen depressiv
Das Fazit, welches die Forscher dieser Studie gezogen haben, ist sehr eindeutig. Ganz unabhängig vom Geschlecht ist die Sorge um das eigene Körpergewicht bei denjenigen am größten, die sich häufiger auf die Waage stellen. Es wurde festgestellt, dass diejenigen jungen Mädchen, welche im Laufe der Jahre zunehmend ihr Gewicht kontrollierten, teils bedenkliche Symptome zeigten. Viel häufiger leiden sie unter einer geringeren Selbstachtung. Sie waren einfach unzufriedener mit ihrem eigenen Körper und fühlten sich in Folge nicht wohl in ihrer Haut. Das führte teilweise bis hin zu depressiven Verhalten.
Damit beginnt für viele der Betroffenen ein Teufelskreis. Denn durch diese Unzufriedenheit ändert sich das Essverhalten vollständig. Vermehrt greifen die Mädchen dann zu ungesunden, kalorienreichen Lebensmitteln, was sich natürlich auch wieder auf der Waage zeigte und somit die Spirale in gang setzt.
Jetzt warnen die Wissenschaftler aus Minnesota vor dem allzu regelmäßigen Blick auf die Waage. Er hilft uns zwar bei der Gewichtskontrolle, ist aber nicht immer unbedenklich. Die negativen Folgen sollten auf jeden Fall mit berücksichtigt werden. In weiteren Auswertungen der Ergebnisse soll jetzt analysiert werden, ab welcher Frequenz der Gewichtsbestimmung sich diese negativen Effekte auf unsere Psyche einstellen.
Unser Fazit aus dieser Studie
Wer sich gesund ernährt und regelmäßig Sport treibt hat es viel einfacher sein Gewicht zu halten. Damit stellt sich auch automatisch ein gesundes Körpergefühl ein und es ist seltener ein Blick auf die Waage nötig. Ganz nebenbei gibt die Waage ohnehin nur die halbe Wahrheit von sich. Wer wirklich auf seine Figur achten möchte, der sollte lieber in den Spiegel statt auf die Waage schauen, sich viel bewegen und seiner Lebensfreude folgen.
Wie seht ihr das?
Bildquelle: Mason Masteka via Flickr, CC
Sehr guter und nachdenklicher Text!