Die „Big Six“ der Lebensmittelkonzerne hatten lange gegen eine einheitliche Ampel-Kennzeichnung gekämpft. Stattdessen wollten Coca-Cola und Co. eine eigene Ampel durchsetzen, die nur selten rot gezeigt hätte. Nun erkennen die Unternehmen an, dass ihre Ampel unverständlich ist, und stoppen das Projekt – zumindest größtenteils.
Der lange Kampf der Konzerne
Über eine Milliarde Euro soll die Lebensmittelindustrie einer Anti-Lobby-Organisation zufolge bereits ausgegeben haben, um eine verständliche Ampel-Kennzeichnung zu verhindern. Diese Zahl stammt aus dem Jahr 2010 – dem Jahr, in dem die Industrie einen ihrer bisher größten Erfolge feierte: Es gelang ihr, einen EU-Gesetzesentwurf zu stoppen, der europaweit eine klare Kennzeichnung auf Lebensmitteln eingeführt hätte. Mithilfe der Ampelfarben sollte angezeigt werden, wie gesund oder ungesund ein Produkt ist. Nach dem gescheiterten Gesetzesentwurf, kämpften Ärzteverbände und Verbraucherschützer weiter für eine Ampel-Kennzeichnung. Denn mit ihr sollen Lebensmittel Farbe bekennen, wie gesund sie wirklich sind – und das für Verbraucher auf den ersten Blick erkennbar.
Die „Big Six“ der Lebensmittelkonzerne (Coca-Cola, Mondelez, Nestlé, PepsiCo, Unilever und Mars) wollten jedoch kein rotes Warnsignal auf ihren Produkten sehen. Sie führten deshalb eine eigene Ampel ein. Diese Industrie-Ampel berechnete die Farbgebung nicht mehr wie bisher auf 100 Gramm genormt, sondern auf Basis von Portionsgrößen. Das ermöglichte den Konzernen selbst zu entscheiden, wie gesund ihre Produkte aussehen sollen. Denn je kleiner eine Portion, desto weniger Fett, Zucker oder Salz enthält sie und desto gesünder erscheint das Produkt. Selbst bei Nutella, die zu 90 Prozent aus Fett und Zucker besteht, hätte die Ampel nicht rot gezeigt.
Nachdem Mars Anfang des Jahres aus den Plänen der „Big Six“ ausgestiegen ist, geben nun auch die restlichen fünf Großkonzerne ihre eigene Ampel auf. Die fehlenden EU-Portionsgrößen haben „zu mangelhaften Verständnis und Unterstützung des vorgeschlagenen Plans“ geführt, heißt es in der offiziellen Pressemitteilung. Für Getränke wollen die Hersteller dennoch weiterhin ihre Ampel testen.
Der Nutri-Score als Alternative
Foodwatch begrüßt die Entscheidung der Industrie: „Die irreführende Fake-Ampel wurde zurecht auf Eis gelegt. Die Konzerne sollten sich ein Beispiel an Iglo und Danone nehmen und den verbraucherfreundlichen Nutri-Score verwenden, der von mehreren europäischen Regierungen offiziell unterstützt wird.“
Danone und Iglo haben bereits angekündigt ab 2019 freiwillig ihre Produkte mit dem Nutri-Score zu kennzeichnen. Dieser verrechnet günstige mit ungünstigen Nährwertbestandteilen. Das Ergebnis veranschaulicht der Nutri-Score auf einer fünfstufigen Farbskala, die gleichzeitig mit den Buchstaben A-E gekennzeichnet ist. Auf dem Produkt findet er sich gut sichtbar auf der Vorderseite. Der Nutri-Score gilt als leicht verständlich und soll so Verbrauchern helfen gesünder einzukaufen.