„Milch macht müde Männer munter“ ist in aller Munde – und wohl ein Werbeslogan der Milchwirtschaft, der nie schlecht wird. Heute verspricht sie, dass man mit Schulmilch besser denken könne und Kakao den Blutzuckerspiegel optimal beeinflusse. In Nordrhein-Westfalen wird Trinkschokolade sogar vom Staat gefördert – ist das gesundheitlich sinnvoll, wo Kakao vielleicht doch eher kleine Kinder krank macht?
Förderung von Schulmilch und Trinkschokolade
Seit vielen Jahren fördert die Europäische Union (EU) Milch als einen Bestandteil gesunder Ernährung, weshalb sie günstiger an Schulen verkauft wird. Zu Beginn des letzten Schuljahres hat die EU angesichts der besorgniserregenden Zahlen von Übergewicht bei Kindern umgedacht: Nun sollen nur noch ungezuckerte Milchprodukte unterstützt werden – doch dank einer Ausnahmeregelung werden in Nordrhein-Westfalen (NRW), Berlin und Brandenburg gesüßte Milchprodukte wie Trinkschokolade, Erdbeer- oder Vanillemilch mit den Geldern subventioniert.
In NRW wird Kakao nicht nur günstiger angeboten, sondern der Milch-Verband ist ein enger Partner der Landesregierung: Die Lobbyisten des Verbandes Milch NRW dürften hier Unterrichtsstunden über Ernährung in Schulen abhalten und sogar auf der offiziellen Seite des Ministeriums war der Lobbyverband für die inhaltliche Betreuung zuständig. Da verwundert es wenig, dass Kakao auf einmal besser für die Zähne als Wasser sei, da er angeblich weniger Säure im Zahnbelag produziere. Die Verbraucherschutz-Organisation Foodwatch kritisiert, dass gerade in NRW Kakao als gesünder beworben wird, als er wegen seines Zuckergehalts tatsächlich ist. Einige Werbeaussagen wie „Schulmilch ist gesund“ oder „Mit Schulmilch wird man groß und stark“ verstoßen sogar gegen europäisches Lebensmittelrecht. Foodwatch hatte den Verband abgemahnt und die Werbesprüche finden sich nun nicht mehr auf der Homepage. Das ist nicht der einzige Erfolg der Verbraucherschützer: Auch der Milch-Lieferant Landliebe zog seinen Slogan „Kakao steigert die Intelligenz und Konzentration“ zurück.
Beide Seiten verteidigen ihren Standpunkt
Die Landesvereinigung der Milchwirtschaft sieht die Kritik nicht nur als ungerechtfertigt an, sondern durch die Foodwatch-Kampagne auch einen „wichtige[n] Beitrag zur gesunden Ernährung unserer Kinder gefährdet“. Auch, wenn Milch gesünder ist als Kakao, ist Kakao immer noch besser als Soft-Drinks, argumentiert der Milch-Verband in einer Pressemitteilung. Er betont die gesundheitlichen Vorteile von Milch: Kalzium, Eiweiß und wichtige Vitamine. Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker hält mit erneuter Kritik an den Methoden entgegen: „Mit Zucker lässt sich Milch in den Schulen einfach besser verkaufen – da schrecken Unternehmen wie Lobbyisten nicht einmal vor unerlaubter Werbung zurück, um zuckrigen Kakao bei Schülern, Eltern und Lehrern als gesund darzustellen.“