Sie sind die artenreichste Gruppe aller Lebewesen. Über 70 % der Tierarten weltweit sind Insekten. Doch die Zahl der Ameisen, Bienen und Schmetterlingen sinkt stark. Neue Daten belegen, dass es in Deutschland immer weniger Insekten gibt – und das sogar Naturschutzgebiete nicht vom Insektensterben verschont bleiben.
Zahlen zum Insektensterben in Deutschland
Seit 1989 sammeln die Insektenforscher des Entomologischen Vereins Krefeld (EVK) Insekten nach einer wissenschaftlichen Methode und bewahren alle Proben auf. Ihre Daten bringen eine beunruhigende Tatsache ans Licht: In den letzten drei Jahrzehnten hat die Biomasse der Insekten durchschnittlich um mehr als 75 Prozent abgenommen. Das Besondere an den ausgewerteten Daten ist, dass sie erstmals einen enormen Rückgang von Insekten in Naturschutzgebieten belegen konnten. In allen bislang untersuchten Insektengruppen nahmen die Bestände ab. Dr. Martin Sorg, Vorstandsmitglied des EVKs, fasst das so zusammen: „Früher schon seltene Arten sind teilweise noch vorhanden, teilweise fehlen Nachweise in den neueren Proben ganz. Häufige Arten sind meist noch nachweisbar, allerdings überwiegend in deutlich geringeren Anzahlen.“ Die Forscher stellten einen enormen Rückgang an Bienen, Käfer und Schmetterlinge in Naturschutzgebieten fest. Sie hatten Daten der Bestände flugfähiger Insekten an 63 deutschen Schutzgebieten in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg ausgewertet und untersucht.
Warum sind Insekten so wichtig für unser Ökosystem?
Insekten gelten als „Dienstleister am Ökosystem“, da sie darin viele wichtige Funktionen übernehmen: Sie bestäuben vier von fünf Nutzpflanzen (80 %) und tragen so dazu bei, dass wir Obst und Gemüse ernten können. Sie sorgen dafür den ökologischen Kreislauf in den Wäldern aufrechtzuerhalten. Denn sie fressen alte Blätter, Totholz und Kot und helfen so mit Nährstoffe wieder verfügbar zu machen. Für Vögel, Frösche und Mäuse sind sie eine wichtige Nahrungsgrundlage. Mit dem Insektensterben gehen daher auch die Bestände anderer Arten zurück. Deutsche Brutvogelarten zum Beispiel ernähren sich von Kleininsekten und Spinnentieren. Sie waren von 1998 bis 2009 von einem Artenrückgang von fast 50 % betroffen.
Was sind die Gründe für das Insektensterben?
Eine eindeutige Ursache für das Insektensterben gibt es nicht, schreibt das Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz. Experten vermuten schon länger, dass eine zu intensive Landwirtschaft mit hohem Pestizideinsatz der Hauptgrund sei. Die Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz (BfN) Prof. Beate Jessel fordert deshalb ein Umdenken in der Landwirtschaft: „Wenn selbst Naturschutzgebiete und europäische Natura 2000-Flächen nicht mehr in der Lage sind, als Rückzugsräume die Defizite der Artenvielfalt in der ‚normalen‘ Landschaft auszugleichen, ist eine dringende Umsteuerung in der Landwirtschaft und in der Agrarpolitik geboten.“