Seit Anfang diesen Jahres fallen Insenkten unter die EU-Verordnung für neuartige Lebensmittel. Hersteller brauchen nun eine Zulassung durch die europäische Lebensmittelsicherheit (EFSA). Man rechnet mit mindestens zehn neuen Zulassungs-Anträgen noch in diesem Jahr. Doch haben Heuschrecken, Maden und Käfer eine realistische Zukunft in der deutschen Esskultur?
Insekten als Nahrungsmittel in Deutschland
Laut einer Umfrage des Bundesinstituts für Risikobewertung, BfR hat jeder siebte Deutsche schon einmal ein Insekt probiert. Etwa sieben Prozent der Deutschen können sich vorstellen, dass essbare Insekten irgendwann Fleischprodukte als Protein-Quelle ersetzen. In niederländischen Supermärkten, kann man sie bereits seit 2015 kaufen. Auch hierzulande haben es Insekten-Produkte mittlerweile auf die Ladentheke geschafft. Eine Supermarkt-Kette verkauft sie seit einigen Wochen in ihren Filialen in Form von Nudeln, angereichert mit gemahlenen Mehlwürmern.
In dieser und ähnlicher Art der Weiterverarbeitung sieht Mark Lohmann vom Bundesinstitut für Risikobewertung auch die Zukunft der Insekten als Lebensmittel in unseren Breiten. Er vermutet, dass es noch eine Weile dauert, bis man bei uns die Tierchen als Ganzes verspeist, doch: „Liegen die Insekten aber verarbeitet vor, das heißt, erkennt man gar nicht mehr die Fühlerchen, die Beinchen, dann reduziert sich auch die Ekel-Barriere und die Akzeptanz wird sicherlich ansteigen.“ Wenn es so weit ist, kann er sich sogar vorstellen, „dass man also abends vor dem Fernseher dann Heuschrecken in so einem Schälchen hat und sich ab und zu einmal eine nimmt.“ Immerhin schmecke ein Heuschrecke wie Chips, weiß Lehmann aus eigener Erfahrung. Auch Mehlwürmer seien schmackhaft.
Insektenzucht: Massentierhaltung der Zukunft
Abgesehen von der Akzeptanz von Kriech- und Krabbeltieren auf deutschen Tellern gibt es auch noch einige andere Barrieren, weswegen Insekten nicht ohne Weiteres Fisch und Fleisch als Nahrungsquelle ersetzen können. Genauso wie bei der Zucht von Geflügel und Säugetieren, ist das Futtermittel ein entscheidendes Kriterium für die Qualität der Lebensmittel. Bei Insekten könnten vor allem giftige Schwermetalle ein Problem werden: „Gerade bei Cadmium ist bekannt, dass manche Insekten Schwermetalle anreichern können. Aber das ist handhabbar, indem man eben schaut, dass die Futtermittel selber gewisse Mengen nicht überschreiten.“, weiß Wolfgang Gelbmann, österreichischer Veterinärmediziner und verantwortlich für die Bewertung neuartiger Lebensmittel bei der EFSA.
Dennoch ist nicht auszuschließen, dass wir auch beim Insekten essen mit erheblichen Qualitätsunterschieden rechnen müssen, je nachdem, welches Futter die Tiere bekommen. Ein weiterer Risiko-Faktor für Verbraucher ist die Tatsache, dass bei Insekten der Darm vor der Verarbeitung nicht entfernt wird. Das wäre zu aufwendig. Krankheitserreger wie Salmonellen oder Fäkalkeime können so leicht das Endprodukt kontaminieren. Es gibt jedoch Wege, das Risiko zu minimieren: „Man versucht, das biologische Risiko des Darminhalts zu reduzieren, einerseits, indem man die Insekten vor der Tötung nicht mehr füttert. Ein Tag, zwei Tage vielleicht. Und dann durch die Verarbeitung: Durch thermische Methoden kann man natürlich dann das Restrisiko noch einmal reduzieren.“ Es ist also durchaus möglich, diese Probleme in den Griff zu bekommen. Fehlt nur noch die Akzeptanz der Bevölkerung.