Wollte man die gesamte in Deutschland jährlich durch Massentierhaltung anfallende Gülle auf einen Zug verladen würde dieser mehr als einmal um unsere Erde reichen. Besonders in den Bundesländern, welche stark von der Massentierhaltung geprägt sind, wird das zum Problem – denn der ganze Dreck sickert in unser Grundwasser. Die EU mahnt… Deutschland schaut weg!
Deutschland versteht sich oft als großer ökologischer Vorreiter. Doch wo etwa die Erneuerbaren Energien eine große Lobby in unserer Politik geniesen und mit ihnen viel Geld verdient werden kann, fehlt diese userem Grundwasser. Die Wasserversorgung ist für uns selbstverständlich geworden und wir vertrauen auf dessen Reinheit. Ist es ja gesetzlich vorgeschrieben, dass das Deutsche Leitungswasser „rein“ und „genusstauglich“ sein muss. Wie sieht es aber in der Realität aus?
160 Mio. Kubikmeter Gülle sind zu viel
Irgendwo müssen die Unmengen an tierischen Ausscheidungen hin. Das einfachste ist es, die anfallende Gülle auf den landwirtschaftlichen Flächen auszubringen und damit zu düngen. Was passiert aber wenn diese Flächen nicht mehr ausreichen, um die Gülle dort umweltgerecht zu verteilen? Alleine in Deutschland fallen jedes Jahr 160.000.000 Kubikmeter dieser übelriechenden Brühe an. Zu verschulden haben das die riesigen Schweine-, Rinder- und Hühnermasten. Zum Problem wird das, wenn diese Betriebe zu geballt auftreten. Dann reichen zum Teil die landwirtschaftlichen Flächen in der Umgebung nicht aus, um dort die gesamte Gülle auszubringen. Dennoch werden die stinkenden Fluten aus der Massentierhaltung weiter auf den Feldern ausgebracht… besser gesagt entsorgt.
Was zu viel ist, ist zu viel
Was passiert, wenn die Aufnahmekapazität vom Boden erreicht wird, ist klar. Der ganze Dreck sickert ins Grundwasser. Von dort gelangt die Gülle in unsere Flüsse und Seen und letztendlich von dort ins Meer. Als Konsequenz sorgt die Überdüngung für ein explosionsartiges Algenwachstum. Das wiederum ist allerdings ein anderes Kapitel.
Seit 2006 liegt der Grenzwert für Ausbringung der Gülle auf den Äckern bei 60 kg pro Hektar. Dabei räumt das Umweltbundesamt ein, das selbst diese Menge deutlich zu viel ist. Gerade einmal 30 kg pro Hektar wären angemessen, zum Schutz unserer Gewässer. Das durchschnittliche Mittel, was tatsächlich ausgebracht wird liegt aktuell bei ca. 70kg… mehr als der Grenzwert und viel zu viel für das Grundwasser. Geahndet werden Vergehen aber nicht, zu Lasten Aller…
In einigen Massentierhaltungshochburgen, wie Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, ist es bereits soweit, das dortige Grundwasser ist vielerorts schon so verdreckt, dass Brunnen geschlossen werden mussten, weil die Gesundheit der Wasserverbraucher als gefährdet angesehen wird. Martin Weyand vom Branchenverband der Wasserwerke alarmiert, dass jetzt schon einige Gebiete nur noch mit Hilfe von „Notlösungen“ mit sauberem Trinkwasser versorgt werden können.
Es gibt eine EU Nitrat-Richtlinie
Die Unmengen an tierischen Ausscheidungen sind nicht nur Gift für unsere Nase. Im Urin und dem Kot der Masttiere ist vor allem eine Stickstoffverbindung, die zum Problem wird: Nitrat. Zu diesem Zweck gibt es von der EU eine Nitrat-Richtlinie.
Die EU schreitet ein
Die europäische Kommission ist schon alarmiert und mahnt Deutschland zur Besserung. Hierzulande wird das übermäßige Ausbringen von Gülle aber immer noch stillschweigend geduldet. Das zwingt Brüssel zum handeln… die EU will wenn nötig gegen Deutschland klagen. Kümmert sich Deutschland weiterhin nicht um die Einhaltung der EU Nitrat-Richtlinie, kann das teuer werden…
Wer ist Schuld?
Stellt sich jetzt die Frage nach dem Schuldigen. Die Politik, die Massentierhaltung, oder wir alle? Die Schuldfrage lässt sich schwer beantworten. Wahrscheinlich haben wir alle zumindest Teilschuld an dieser Misere. Die Politik, weil sie wegschaut, die Produzenten, weil ihnen dieser Art Probleme scheinbar egal sind und mehr Umweltschutz weniger Gewinn bedeuten und natürlich wir alle, weil wir massenweise Fleisch kaufen (wollen) und das so günstig (billig) wie möglich.
So weit kann es gehen… ein Beispiel aus der Praxis
Nahe der niederländischen Grenze im Bundesland Niedersachsen ist Johann Hans Geschäftsführer des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Niedergrafschaft. Er muss das Kunststück hinbekommen, die Wasserversorgung in seiner Region unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Nitratwert von 50 Milligramm pro Liter zu garantieren. Das ist nicht so einfach, wenn hier die Gülle von 113.000 Rindern, 477.000 Schweinen und annähernd 10.000.000 Hühnern entsorgt wird.
Für die Wasserversorgung stehen ihm insgesamt 16 Brunnen zur Verfügung. Nicht alle dieser Brunnen weisen die erforderlichen Werte auf, deshalb muss sich Johann Hans mit Notlösungen behelfen, die gegen jeglichen gesunden Menschenverstand verstoßen.
Um die geforderte Reinheit des Wassers flächendeckend gewährleisten zu können, bleibt ihm nichts anderes übrig, als das Wasser aus Quellen mit überhöhtem Nitratgehalt mit dem zu mischen, welches unter den Grenzwerten liegt.
Alleine diese Maßnahme würde irgendwann nicht mehr funktionieren, ließen sich der Wasserversorger Gelsenwasser nicht auf Kooperationen mit den Landwirten ein. Jährlich entstehen dem Betrieb dadurch Kosten in Höhe von über 600.000 Euro. Die Landwirte, welche für die Verschmutzung verantwortlich sind bekommen Geld, damit sie nicht ganz so viel Gülle auf den Feldern entsorgen… eigentlich Irrsinn. Das ist aber immer noch günstiger, als das Nitrat mit alternativen Mitteln wieder aus dem Wasser zu bekommen.
Zu dieser Maßnahme muss nur gegriffen werden, da die Politik wegschaut und die Grenzwerte nicht ausreichen.
Das Unternehmen liefert sein Trinkwasser an 2.700.000 Menschen!