Gerade jetzt im Winter lieben wir sie: Orangen, Mandarinen und Grapefruits. Sie versorgen uns mit einer großen Portion Vitamin C und mit einem kurzen Gefühl von Sommer. Überall sind sie erhältlich und als Snack vor allem Mandarinen beliebt. Aber sie bergen auch eine ungeahnte Gefahr und das gerade für Kinder.
Es geht um etwas, das eigentlich in Deutschland verboten ist und es doch zu uns schafft: das Pestizid Chlorpyrifos. Es wird von Gemüsebauern und Zitrusfarmern zum Töten von Insekten eingesetzt und gehört zu den meist benutzten Insektiziden auf der Welt. Laut der „Süddeutschen Zeitung“ fanden sich 2017 in Deutschland Rückstände des Pestizids auf jeder dritten der untersuchten Grapefruits und Orangen und auf jeder vierten Mandarine.
Risiken fanden sich schon vor acht Jahren
Doch was macht dieses Pestizid so gefährlich? Vor etwa acht Jahren kamen durch eine Langzeitstudie Wissenschaftler zu dem Schluss, dass selbst geringe Mengen von Chlorpyrifos negative Auswirkungen auf die Entwicklung des Gehirns von Föten hat. Sie fanden heraus, dass das Pestizid wichtige Bereiche in der Großhirnrinde schrumpfen lassen was später zu eingeschränkten mentalen Fähigkeiten der Kinder führte, was sich vor allem in einem verminderten IQ und in Aufmerksamkeitsstörungen zeigt. Daraufhin wurden damals die Grenzwerte für Chlorpyrifos EU-weit herabgesetzt.
Das Für und Wider
Nun entscheidet die Europäische Kommission über die Zukunft des Pestizids. Im Sommer sprach die europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) eine Empfehlung aus das Pestizid zu verbieten, da deren Neubewertung von Chlorpyrifos ergab, dass dieses nicht mehr die Kriterien für eine Zulassung erfülle. Also sollen die EU-Mitgliedsstaaten über das Verbot abstimmen. Das Problem: die sogenannten Zitrus-Staaten Portugal, Spanien, Italien und Griechenland verwenden das Pestizid großzügig. Außerdem machen Hersteller großen Druck auf die Europäischen Behörden und bestreiten die neurotoxische Wirkung von Chlorpyrifos. Sie werfen der EFSA und anderen Kommissionen Rufschädigung des Wirkstoffes und Beschädigung des wirtschaftlichen Interesses vor.
Auf der anderen Seite stehen die Wissenschaftler, allen voran der schwedische Forscher Axel Mie und der US-Umweltmediziner Philippe Grandjean. Beide forderten vor einem Jahr Einblick in die Rohdaten der Studie der Hersteller von Chlorpyrifos und fanden dort große Unstimmigkeiten. Schon damals, 1998, fand man in Tierstudien, dass selbst geringe Dosis den Aufbau des Gehirns schädigt. Dieser Effekt fand sich aber mit keinem Wort im Fazit der Herstellerstudie wieder. Die Ergebnisse dieser Studie flossen aber entscheidend in die Genehmigungen der Zulassung von Behörden im Jahr 2016 ein.
Leider nicht nur auf Zitrusfrüchten
Welchen Schaden das Insektizid seit dessen Zulassung angerichtet hat ist besorgniserregend, berichtet die SZ. Rückstände befinden sich zwar vor allem auf Zitrusfrüchten, finden sich aber auch auf Bananen, Paprika, Reis oder in Pfeffer. Nun dürfen wir hoffen, das die Mehrheit der EU-Staaten für das Verbot stimmt. Bis dahin bleibt uns nur biologische Produkte zu kaufen.