Sie ist in den letzten Jahren weltweit gehypt worden: die Low-Carb-Diät. Es begann als eine Methode, mit der man schnell Gewicht verlieren kann und wurde zum übergreifenden Lebensstil. Vor allem bei Sportlern und Bodybuildern ist diese Form der Ernährung beliebt, die auf Proteine und Fett als Energielieferanten setzt.
Auch die aktuell beliebte Paleo-Ernährung kann als Low-Carb-Ernährung eingestuft werden. Und natürlich häuften sich Aussagen und Studien über die Vorteile einer solchen Ernährungsform. Sie verspricht mehr Energie, schnellen Gewichtsverlust, weniger Hungergefühl, gesenkter Blutzuckerspiegel (vor allem bei Diabetes) und höhere Konzentrationsfähigkeit. Wie immer gibt es dazu die Kehrseite: andere Studien belegen ein erhöhtes Herzinfarktrisiko, Begünstigung von Nierenkrankheiten, Mundgeruch (Stichwort Aceton-Atem) und schlechte Stimmung (für die Bildung von Serotonin werden Kohlenhydrate benötigt).
Low-Carb ist nicht gleich Low-Carb
Was soll man also glauben? Dazu muss man die Studienlage differenzierter betrachten. Wie immer gilt, wer sich vorher schlecht ernährt hat mit viel Zucker und Fast Food, der profitiert IMMER von einer Ernährung die auf unverarbeitete Lebensmittel setzt. Diese Menschen werden grundsätzlich einen Vorteil davon verspüren. Ob diese Ernährung jetzt high-carb, low-carb, no-carb, paleo, low-fat oder high-fat ist, ist erst einmal egal. Weiteres Kriterium ist, dass keine Diät oder Ernährungsform exakt vorgibt wie man jede Mahlzeit zu gestalten hat. Eine Low-Carb Ernährung kann also aus Fleisch, Eiern und Proteinshakes bestehen oder aus Gemüse, Fisch und Hülsenfrüchten. Beides hat eine völlig andere Auswirkung auf den Körper und Stoffwechsel. So wie eine vegane Ernährung auch aus veganen Burgern, Cola und Pommes bestehen kann oder eben aus viel Gemüse, Reis, Vollkorngetreide und Obst.
Die aktuelle Studienlage
Bisher gab es zu Low-Carb-Ernährung keine übergreifende Langzeitstudien. Die meisten Studien beschränkten sich auf die Auswirkungen der Ernährung als kurzfristige Diät von etwa sechs Monaten, wo sich eine Low-Carb-Diät effektiver zum Gewichtsverlust eignet als Low-Fat. Dennoch kommt es bei beiden Diätformen nach diesen sechs Monaten zum gefürchteten Jojo-Effekt.
Die erste langfristige Studie bezüglich Low-Carb/High-Carb-Ernährung wurde am 16.August 2018 in „the lancet“ veröffentlicht. Dabei wurden Daten der ARIC-Studie (Atherosclerosis Risk in Communities) zur Ernährung von 15.428 Menschen zwischen 45 und 64 Jahren aus vier US-Bundesstaaten ausgewertet. Die Zusammensetzung der täglich Kosten wurde zu Studienbeginn und sechs Jahre später abgefragt. In den folgenden 23 Jahren wurden dann die Sterberaten und Todesursachen registriert.
Das Ergebnis: eine niedrige sowie eine hohe Zufuhr von Kohlenhydraten geht mit einem erhöhten Sterberisiko einher. Die optimale Zufuhr von Kohlenhydraten die das Sterberisiko verringern liegen bei 50-65% der täglichen Energiezufuhr. Interessanterweise scheint aber eine kohlenhydratarme Kost die unter 30% der täglichen Energiezufuhr aus Kohlenhydraten aufnimmt die Lebenserwartung um bis zu vier Jahre verkürzt. Eine kohlenhydratreiche Kost mit einem Anteil von über 65% verkürzt die Lebenserwartung anscheinend aber nur um 1,1 Jahre.
Die Wissenschaftler erweiterten ihre Daten mit sieben weiteren prospektiven Studien, so konnten sie Daten von 432.179 Probanden auswerten. Dabei konnten sie beobachten, dass die Teilnehmer die einen Kohlenhydratanteil von über 70% und Teilnehmer die einen Kohlenhydratanteil von unter 40% durch die tägliche Ernährung aufnahmen, ein ähnlich erhöhtes Sterberisiko aufweisen.
Pflanzliches Low-Carb besser als tierisches
Dennoch gibt es einen entscheidenden Faktor: wurden bei einer Low-Carb-Ernährung die Kohlenhydrate durch tierische Fette und Proteine ersetzt, vor allem mit viel Fleisch, dann war die Sterblichkeit höher. Wurden hingegen bevorzugt pflanzliche Lebensmittel mit viel Protein oder Fett innerhalb einer Low-Carb-Diät gegessen, war die Sterblichkeit geringer.
Das lässt den Schluss zu, dass pflanzliche Lebensmittel und eine Kohlenhydratzufuhr von etwa 50-60% eine Ernährung sein kann, mit der man länger und gesünder leben kann. Prinzipiell ist die Studie natürlich keine allgemeingültige Aussage für oder gegen bestimmte Ernährungsformen. So war der Anteil der Low-Carb-Teilnehmer relativ gering und ein verändertes Essverhalten von Probanden innerhalb der ausgewerteten 20 Jahre konnte nicht erfasst werden. Der Lebensstil der Studienteilnehmer wurde zwar berücksichtigt, kann aber auch beobachtete Effekte begünstigen.
Aber: es deutet alles grundsätzlich darauf hin, dass pflanzliche Lebensmittel gegenüber den tierischen Lebensmitteln bevorzugt werden sollten. Und diese sollten so natürlich und unverarbeitet wie möglich genossen werden.