Nicht nur um Tiere, sondern auch um das Klima zu schützen müssen wir Deutschen anfangen weniger Fleisch zu essen. Damit einem das leichter fällt, wird der Markt mit Fleischersatzprodukten geradezu überschwemmt. Immer ähnlicher sehen die Produkte dem Original, riechen und schmecken fast genauso und bluten sogar. Da steht dem gelegentlichen Wechsel doch eigentlich nichts entgegen, oder?
Leider wohl doch. Der Trend geht zwar zu einem immer größeren Marktanteil von veganen Fleischersatzprodukten, dennoch verschwindet der gute Vorsatz im Supermarkt heute mal kein Fleisch zu kaufen beim Einkauf wohl schnell wieder. Seit Jahren bleibt, trotz der inzwischen einhelligen Ansage, dass wir für unsere Gesundheit und für unser Klima unseren Fleischhunger runter schrauben müssen, der pro Kopf und Jahr Verbrauch von Fleisch der gleiche: rund 60 Kilogramm. Und das bei steigenden Zahlen von bekennenden Vegetariern und Veganern.
In Zukunft weniger Fleisch?
Theoretisch wird der Umsatz von Fleisch zukünftig sinken, sofern die Anteile von veganem Fleischersatz und in-vitro-Fleisch weiter steigen wird wie bisher. Selbst die Fleischindustrie springt auf den Ersatzprodukte-Zug auf. Das Beste Beispiel hierfür ist das Unternehmen „Rügenwalder Mühle“ – im Juli diesen Jahres haben sie erstmals mehr Umsatz mit Veggie-Produkten als mit Fleisch gemacht. Nestlé setzt ebenfalls vermehrt auf Veggie Produkte, das Unternehmen steigerte seinen Umsatz im ersten Halbjahr 2020 mit pflanzenbasierten Produkten um 40 Prozent. Zielgruppen sind auch hier: Flexitarier und nicht Vegetarier und Veganer.
Hier gilt es also noch eine Lücke zu schließen: die Unternehmen bieten Produkte für die Menschen an, die ab und zu ihr Stück Fleisch durch eine pflanzliche Alternative ersetzen wollen, doch gerade diese kaufen nicht regelmäßig genug die für sie gedachten Produkte. Woran könnte das liegen? In erster Linie ist es wohl Gewohnheit und der Preis. Die deutschen Einkäufer gelten auch nicht gerade als diejenigen, die gerne neue, unbekannte Produkte ausprobieren. Des Weiteren sind Ersatzprodukte in der Regel noch deutlich teurer als das gleiche Produkt aus Fleisch. Viele Haushalte können (oder wollen) sich das schlicht nicht regelmäßig leisten. Das liegt aber nicht daran, dass die pflanzlichen Produkte wirklich teurer sind, sondern daran, dass Fleisch weiterhin stark subventioniert wird und mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert wird. Würde man diese Sachen aufheben und die Kosten dazu rechnen, die für die Beseitigung der Umweltschäden aufgebracht werden müssen, die bei der Produktion entstehen, wären Tierprodukte um ein Vielfaches teurer.
Veganes Fleisch muss normal werden
Doch bis jetzt sind diese Kosten nicht eingerechnet und die Gewohnheiten noch nicht verändert. Aber die angebotenen Ersatzprodukte ebenen den Weg dahin zumindest die Gewohnheiten langsam zu verändern. Je mehr solche Produkte einen Weg in unser Bewusstsein finden, desto eher fühlen wir uns damit wohl und greifen auch mal zur veganen Bratwurst statt zu der aus Schweinefleisch. Vegane Alternativen dürfen nicht mehr als extravagant oder besonders angesehen werden, sie müssen genauso normal werden wie Fleisch und genauso selbstverständlich in Restaurants angeboten werden. Es ist gut erforscht, dass Menschen dann mehr zu vegetarischen Alternativen greifen, je mehr davon angeboten werden und je vielfältiger das Angebot ist. Wichtig ist zudem die Platzierung der Produkte, stehen vegetarische Produkte am Anfang und gut getrennt von Gerichten mit Fleisch, greifen deutlich mehr Personen zu vegetarischen Gerichten.
Damit kommen wir zum letzten Punkt wie der Boom der vegetarischen Produkte auch bei der Gesellschaft ankommt: die Platzierung. So lange vegetarische Produkte irgendwo am Ende in einem eigenen Regal stehen, kann die Vielfalt noch so groß sein, die Macht der Gewohnheit und der Faulheit wird zuschlagen und die Kunden packen das in ihren Einkaufswagen, was auf ihrer Route liegt. Hätten sie schon vorher das vegetarische Produkt im Wagen, würden diese Kunden vielleicht weniger oder kein Fleisch dazu kaufen. Die vegetarische Wende muss von beiden Seiten angegangen werden. Die Verantwortung auf die Konsumenten zu schieben, ist genauso falsch wie die Industrie oder Politik anzuklagen. Zusammenarbeiten ist hier das Stichwort, dann hat der Wandel eine Chance.