Die Lebensmittelverschwedung ist in aller Munde. Laut einem Bericht der FAO aus dem Jahre 2013 wandert ein Viertel der weltweit produzierten Nahrungsmittel direkt in die Mülltonne. Das sind ca. 1,3 Mrd. Tonnen. In Deutschland verschwenden Industrie, Handel, Großverbraucher und Privathaushalte pro Jahr knapp 11 Millionen Tonnen Lebensmittel.
„The Good Food“, Foodsharing, „Sir Plus“ und co.
Damit Obst und Gemüse in den Handel darf, und beim Verbraucher landet, muss es bestimmter Normen entsprechen. Die krummen Gurken sind ein Sinnbild für diese, den meisten Verbrauchern unverständlichen, millimetergenauen Normangaben. Kartoffeln zum Beispiel dürfen nur eine gewisse Größe haben, sind sie kleiner oder größer werden sie noch direkt am Feld aussortiert und in den meisten Fällen einfach liegen gelassen.
Nicole Kalski ist einer der Vorreiterinnen, die solches Gemüse direkt vom Feld rettet und in ihrem Laden „The Good Food“ in Köln gegen eine vom Kunden individuell festgelegte Spende verkauft. Sie und ihre Lebensmittelretter laufen teilweise direkt hinter den Erntemaschinen der kooperierenden Bauern hinterher und sammeln alles auf, was sonst nur für die Tonne gereift wäre.
Die Initiative „Foodsharing“ setzt sich dafür ein, die Lebensmittel, die Mindesthaltbarkeitsdaten überschritten haben oder nicht mehr ganz so frisch aussehen, vom Handel zu retten, denn dieser darf solche Lebensmittel nicht mehr verkaufen. Sogenannte „Foodsaver“ holen die Lebensmittel bei kooperierenden Betrieben ab und bieten sie kostenlos zur Abholung an alle Menschen an. Das alles geschieht ehrenamtlich und gemeinnützig.
In meinem Kiez in Berlin hat vor einiger Zeit der Laden „Sir Plus“ eröffnet, die wiederum ein anderes Konzept der Lebensmittelrettung haben. Sie beziehen kostengünstig überschüssig produzierte Lebensmittel von Groß- und Einzelhändlern, sowie Landwirten und verkaufen diese zu kleinen Preisen in ihrem Laden. Auch Dinge des täglichen Gebrauchs für Küche und Bad oder Kosmetik werden gerettet. Damit wollen sie weder in Konkurrenz zu den Tafeln stehen, noch andere gemeinnützige Organisationen in den Schatten stellen. Im Gegenteil: 20% aller Lebensmittel werden an soziale und gemeinnützige Organisationen gespendet.
Lohnt sich das denn wirtschaftlich?
„Pay what you want“ (PWYW), wie es Nicole Kalski betreibt, ist ein inzwischen gut erforschtes Phänomen, das uns gerne den Glauben an die Menschheit zurück gibt. Die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main deuten darauf hin, dass die Konsumenten den Preismechanismus nicht ausnutzen und sich nicht opportunistisch verhalten. Nicole Kalski berichtet auch, dass die Spenden ausreichend sind, damit sich der Laden selbst finanziert. „Sir Plus“ erweitert aktuell sein Team und bietet sogar Vollzeitstellen an. Lebensmittel zu retten rettet also nicht nur unseren Planeten, sondern erlaubt uns sogar neue Arbeitsplätze zu schaffen.