Kaum eine Sportart, wenn man sie überhaupt als solche bezeichnen kann, ist dermaßen umstritten wie der Stierkampf. Junge Männer Auge um Auge mit einem Stier und das bis zum Tode. Dieser unfaire, martialische Kampf in drei Akten erfreut sich immer noch ungeheurer Beliebtheit bei Einheimischen genauso wie bei Touristen. Jetzt hat es ausnahmsweise mal wieder einen Torero erwischt: Ivan Fandiño starb im Alter von 36 Jahren.
Wie immer lies die Kritik auf Facebook und Co. nicht lange auf sich warten. Dabei reichte die Bandbreite der Kommentare von ein bisschen Trauer bis hin zur übermäßigen Schadenfreude. Es entluden sich ungeheure Hetzreden darüber, wie grausam diese Tiere umgebracht werden und das der Stierkampf doch endlich verboten gehöre.
Betrachtet man sich die Anzahl der Kommentare und Interaktionen in den Sozialen Medien, so könnte man meinen, alle Veganer Deutschlands haben sich kollektiv mit dem Ziel zusammengeschlossen in einer geschlossenen und geplanten Aktion das Tierleid in den Stierkampfarenen dieser Welt zu beenden. Zählt man die Beiträge zusammen, so haben sich Hunderttausende in irgendeiner Form dazu geäußert.
Genauer betrachtet ist es doch ein wenig absurd. Das Wohl des Stieres kommt erneut in die breite Öffentlichkeit, dabei hat er diesmal gewonnen. Der Schock, dass es nach langer Zeit mal wieder einen Menschen trifft scheint tiefer in uns zu stecken als jedes Tierleid. Wie sonst könnte es sein, dass es jahrelang niemanden interessiert und auf einmal, mit dem Tod von Ivan Fandiño, der Stierkampf ganz groß zurück in die Medien kommt.
Viel mehr noch… es sterben jährlich in der Stierkampfnationen Spanien, Mexiko, Kolumbien und Co. etwa 40.000 Tiere. Sie werden gezüchtet gehegt und gepflegt und am Ende eines zu kurzen aber durchaus schönen Lebens getötet. Von Geburt an wird darauf geachtet aus ihnen prächtige und stolze Tiere zu machen, nur um ihnen diesen einen kurzen Moment des traurigen Ruhms zu verschaffen.
Jetzt möchte ich mich an alle Liker, Hater und Kommentatoren der sozialen Medien wenden. Natürlich ist der Stierkampf ein grausames Spektakel, es werden ehrenwerte Tiere vor laufenden Kameras und umringt von jubelnden Massen zur reinen Belustigung erstochen. Der Kampf Mann gegen Stier ist unfair und geht fast nie zu Gunsten des Tieres aus.
Falls ihr aber gerade eure Bratwurst am Grill bratet und heute morgen euer Glas Milch zu leckerem Müsli genossen habt. Fern ab von Kameras und tosenden Mengen sterben jeden Tag mehrere MILLIONEN Tiere für unser ganz privates Lustvergnügen. Gerne würde ich zu bedenken geben, dass jeder von euch bereits mehr Tiere auf dem Gewissen hat, als der fleißigste Torero in der Arena. Eure Opfer hatten jedoch kein schönes Leben! Sie sind mit der Geburt zu einem unwürdigen Siechtum verdammt worden. Man sieht es nicht und damit schafft unser Hirn keine Verbindung zwischen einem Stück Fleisch und einem süßen Schweinchen Namens Babe.
Warum schneidet ihr gerade Erdbeeren in euren Joghurt oder garniert liebevoll die knusprig gebratene Putenbrust auf dem Salat, beschwert euch aber gleichzeitig über den Stierkampf? Kaum vorzustellen dass der gesamte Protest ausnahmslos von Veganern kommt, würde mich zumindest stark wundern. Die eigene Nase ist jedem am nächsten!
Es lebe der Stierkampf! Er ist grausam, aber erträglich!