Die Ernährungsempfehlungen ändern sich gefühlt jede Woche. Waren gestern Eier ungesund, sind sie jetzt sogar empfehlenswert, rotes Fleisch galt lange als notwendig und gesund, heute gilt es als so krebserregend wie Zigaretten. Zuerst war Fett schlecht, dann die Kohlenhydrate, jetzt der raffinierte Zucker und Weizen. Was soll man da noch glauben? Wie sieht eine bedarfsgerechte Ernährung aus? Das scheinen sich viele Deutsche zu fragen.
Den meisten Deutschen fehlt an Ernährungskompetenz
Laut einer repräsentativen Studie zur Ernährungskompetenz des AOK-Bundesverbandes kennt sich mehr als jeder zweite kaum oder gar nicht mit einer ausgewogenen Ernährung aus. Drastisch ausgedrückt heißt das: 1,3 Millionen Bundesbürger haben weder das Wissen noch die Fähigkeit Essen so auszuwählen und vorzubereiten, dass ernährungsrelevante Bedürfnisse sowie der Bedarf an Nährstoffen gedeckt werden. Am stärksten davon betroffen sind junge Erwachsene und Menschen mit geringem Einkommen. Nur jeder dritte (37,1 Prozent) der 18 bis 24-jährigen weiß, wie gesunde Ernährung funktioniert. Und ebenfalls nur 37,2 Prozent der Menschen mit einem Haupt- oder Volksschulabschluss konnten eine ausreichende Kompetenz vorweisen, während das 56,4 Prozent der Menschen mit Abitur konnten. Das hält der Vorsitzende des AOK-Bundesverbandes Martin Litsch für alarmierend. Gesunde Ernährung sollte nicht abhängig vom Elternhaus sein, gerade dort wo sie am meisten benötigt wäre.
Woher wissen wir, dass etwas gesund ist?
Aber was ist überhaupt diese Ernährungskompetenz? Laut AOK ist Ernährungskompetenz, wenn man die Nährwertkennzeichung richtig nutzt, Lebensmittel selbst zubereitet, gesunde Vorräte lagert, Mahlzeiten bewusst einplant, trotz knapper Mittel sich gesund ernährt, gemeinsam isst, Süßem widerstehen kann oder die richtigen Snacks wählt.
Doch gerade hier liegt eine der größten Schwierigkeiten: im untersuchten Kompetenzfeld „gesundes Vergleichen“ fehlte es 72 Prozent der Befragten an den notwendigen Werkzeugen, um die richtige Produktwahl zu treffen. Auffallend sind zudem die Entwicklungen bei jungen Eltern: anscheinend können immer weniger junge Eltern selbstständig aus Grundnahrungsmitteln Mahlzeiten kochen. Stattdessen greifen diese zu Fertigprodukten die aber zu viel Zucker, zu viel gesättigtes Fett und zu viel Salz enthalten.
Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit der Lebensmittelampel, der sogenannte Nutri-Score. Dieser wurde zwar in Deutschland eingeführt, kann aber nach Lust und Laune von den Lebensmittelproduzenten auf den Produkten platziert werden, oder eben auch nicht. Auf dieser Basis ist der, meiner Meinung nach hervorragende Nutri-Score, so gut wie obsolet, weil ein Vergleich nicht möglich ist wenn nur ein Bruchteil der Produkte überhaupt damit ausgezeichnet ist. Die AOK und auch andere namhafte Unternehmen aus der Lebensmittelwirtschaft fordern daher eine Verpflichtung auf EU-Ebene für den Nutri-Score auf Lebensmitteln.
Größtes Problem: der zugesetzte Zucker
Weiterhin problematisch ist der zugesetzte Zucker in 80 Prozent der Fertiglebensmitteln in deutschen Supermärkten. Es fehlt den Verbrauchern so schlicht an gesunden Optionen. Auch dafür bräuchte es verbindliche Reduktionsziele mit der Industrie und ein Verbot für Marketing von stark zuckerhaltigen Lebensmitteln für Kinder. Einige Länder haben mit der sogenannten Zuckersteuer auch schon positive Erfahrungen sammeln können. Hier hat sich der Zuckergehalt, vor allem in Softdrinks, drastisch reduziert. Es geht also, wenn auch nur mit Druck auf die Industrie.
Am Ende bleibt weiterhin die Frage: was ist denn eine gesunde Ernährung und was darf ich jetzt noch essen? Wir haben hier versucht euch diese Frage so einfach wie möglich zu beantworten. Wenn man sich an diese grundsätzlichen Regeln hält, hat man in Puncto gesunder Ernährung sehr viel gewonnen.