Eine schlechte Ernährung mit viel Fett und viel Zucker während der Schwangerschaft, so wie es in der westlichen Zivilisation üblich geworden ist, führt nachweislich zu einem größeren Risiko für Fettleibigkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes im Erwachsenenalter der Nachkommen. Das gilt nicht nur für die Kinder von übergewichtigen Frauen sondern auch für deren Enkel und Urenkel! So hat der Lebensstil einer Mutter Auswirkungen bis in die folgende dritte Generation ihrer Familie, wie eine Studie von 2016 zeigt, die im Fachblatt „Cell Reports“ veröffentlicht wurde.
Ist die Adiposidasepedemie nicht aufhaltbar?
Über zwei Drittel der Frauen im reproduktiven Alter in den USA sind heutzutage übergewichtig oder fettleibig. In Deutschland ist etwa jede fünfte Frau im gebärfähigen Alter adipös. Alle Kinder, Enkel und Urenkel dieser Frauen haben ein erhöhtes Risiko für Fettleibigkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes, selbst wenn diese einen gesunden Lebensstil pflegen. Der Grund hierfür liegt in der genetischen Veränderung der durch die Mutter vererbten Mitochondrien. Die Mitochondrien sind die Kraftwerke jeder einzelner Zelle unseres Körpers. Hier wird Fett verbrannt und Zucker zu Energie gemacht. Eine Störung der mitochondrialen Funktion ist also stark an einen schlechten Stoffwechsel gebunden. So gehen mitochondriale Defekte mit Fettleibigkeit, Insulinresistenz, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen Hand in Hand.
In der Studie wurde erforscht, ob ein diätetisch bedingtes metabolisches Syndrom die mitochondriale Dynamik der weiblichen Eizellen verändert und ob diese Veränderungen auch in der dritten Generation noch nachweisbar sind. Dazu wurden weibliche Mäuse mit einem der westlichen Ernährung entsprechendem Futter das reich an Fett und Zucker ist gefüttert und deren Eizellen untersucht. Ebenso wurden die Mitochondrien der Nachkommen der ersten, zweiten und dritten Generation untersucht, die aber mit gesundem Futter gefüttert wurden. Parallel dazu wurde eine Kontrollgruppe ohne diätetisch herbeigeführtem metabolischen Syndroms beobachtet.
Die Auswirkungen sind schwerwiegend
Die Mutter-Mäuse mit metabolischem Syndrom waren fettleibig, glukoseintolerant, hatten einen erhöhten nüchtern Blutzuckerspiegel, erhöhte nüchtern Triglycerid- und Cholesterin Werte als die Mäuse der normal gefütterten Kontrollgruppe. Obwohl die Nachkommen der fettleibigen Mäuse selbst nicht fett waren, hatten diese leichte, aber signifikante Beeinträchtigungen der Glukosetoleranz und einen höher nüchtern Insulinspiegel als die Nachkommen der nicht fettleibigen Kontrollgruppe. In der Untersuchung der Mitochondrien der Nachkommen der fettleibigen Mäuse erschienen diese unorganisiert und enthielten deutliche mehr Fett als die der Kontrollgruppe. Daher vermuten die Forscher, dass der Fettabbau in den Mitochondrien beeinträchtigt wurde. Sie konnten nämlich auch feststellen, dass das Enzym das entscheidend für die Geschwindigkeit des Fettabbaus ist, bei den Nachkommen der fettleibigen Mäuse entscheidend weniger vorkam, als bei den Nachkommen der schlanken Mäuse. Das führt bei den Nachkommen der fettleibigen Mäuse außerdem zu mehr oxidativem Stress, welcher bekannter Weise zu Zellschädigungen führt, frühzeitiger Alterung, zur Entstehung von Arteriosklerose beiträgt und wahrscheinlich auch im Zusammenhang mit der Entstehung von Krebs, Erkrankungen des Immunsystems und rheumatischen und neurodegenerativen Erkrankungen steht.
Um festzustellen ob die veränderten Mitochondrien an die nachfolgenden Generationen vererbt werden können, wurden die Eizellen der weiblichen Mäuse-Nachkommen untersucht. Auch hier konnten die Wissenschaftler ein verändertes Aussehen feststellen: die Mitochondrien der Eizellen der Nachkommen der fettleibigen Mäuse waren signifikant größer und weniger rund als die der Kontrollgruppe und besaßen außerdem ein allgemein schlechtes Charakteristikum für Mitochondrien. Daraus konnten die Forscher schließen, dass die mitochondriale Dynamik in den Eizellen der Nachkommen der fettleibigen Mäuse verändert wurde. Die gleichen Ergebnisse konnten auch bei den Nachkommen der ersten Generation und deren Nachkommen festgestellt werden. Allerdings war die dritte Generation weniger stark betroffen als die erste und zweite, dennoch waren auch hier die Mitochondrien größer als die der Kontrollgruppe und einige Mitochondrien zeigten ein anormales Aussehen.
Gesunde Ernährung so wichtig wie nie
Die Ergebnisse deuten zudem darauf hin, dass eine Diät mit viel Fett und viel Zucker vor und während der Schwangerschaft die mitochondriale Dysfunktion der Nachkommen fördert. Es reicht also nicht aus erst in der Schwangerschaft mit einer gesunden Ernährung zu beginnen oder zusammen mit den Kindern einen besseren Lebensstil zu entwickeln. Denn: wie man sich ernährt hat nicht nur eine Auswirkung auf die eigenen Kinder sondern beeinträchtigt ebenfalls die Gesundheit der eigenen Urenkel, selbst wenn die Kinder, Enkel und Urenkel sich gesund ernähren. Die mitochondriale Gesundheit wird über die mütterliche Keimbahn transgenerational vererbt und führt zu einer veränderten Genexpression die über Generationen hinweg andauert. Diese Verantwortung muss man erst mal sacken lassen. Wir verändern unser Genom durch unseren Lebensstil und vererben das über Generationen hinaus weiter. Die Wissenschaftler weisen außerdem daraufhin, dass in ihrer Studie die Nachkommen die gesunde Kontrolldiät erhielten, während beim Menschen die Ernährung der Kinder eng mit der ihrer Eltern korreliert. Die Auswirkungen davon auf den mütterlichen Stoffwechsel ist unbekannt und vermutlich noch größer als die im Mausmodell der Studie.