Unser Körpergewicht wird durch verschiedene relevante Faktoren beeinflusst, wie zum Beispiel die Ernährung und körperliche Aktivitäten. Aber auch die genetische Veranlagung spielt eine wichtige Rolle. Forscher haben in den vergangenen Jahren bereits mehr als 700 Genvarianten sowie Mutationen gefunden, die Fettleibigkeit fördern können oder in einem anderen Zusammenhang mit Adipositas stehen. Weil dadurch aber nur wenige unmittelbare Effekte auf die individuelle Entstehung von Übergewicht erklärt werden können, setzten Wissenschaftler nun auf eine alternative Methode zur Untersuchung.
Neben diversen dickmachenden Genen, wurde deswegen nun ebenso nach schlankmachenden Äquivalenten gesucht. Dafür verglich man die Gene von rund 47.000 Menschen aus Estland, die in der nationalen Biomaterialbank registriert sind. Von der Analyse erhofft man sich das Phänomen von Personen erklären zu können, die gefühlt alles zu jeder Zeit essen können, ohne überflüssige Kilo anzusetzen, während andere sofort eine Gewichtszunahme beklagen.
So stießen Forscher auf das Gen
Am Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IMBA) wandte man sich vom Ansatz ab, nach genetischen Gemeinsamkeiten fettleibiger Menschen zu suchen und richtete stattdessen das Augenmerk auf dünne Menschen. Dafür verglich die IMBA das Erbgut von untergewichtigen Teilnehmern, deren Body-Mass-Index langfristig unter 18 lag, in einer genomweiten Assoziationsstudie (GWAS).
Bei der Auswertung der Forschungsergebnisse stieß man auf das sogenannte ALK-Gen, welches die Bauanleitung für die Anaplastische Lymphom-Kinase enthält. Besagtes Protein gehört zur Gruppe der Insulin-Rezeptoren und kann in mutierter Form für die Verursachung von Krebsarten wie Lungenkrebs und Neuroblastom verantwortlich sein. Abgesehen davon ist die biologische Rolle des Gens wenig bekannt. In der Studie kam jedoch heraus, dass eine Teilsequenz des ALK-Gens bei schlanken Menschen häufig deaktiviert ist, wodurch sich Auswirkungen auf den Stoffwechsel ergeben.
Macht eine Gen-Blockade tatsächlich dünn?
Sowohl der Fettanteil als auch das Körpergewicht veränderte sich bei Mäusen, deren ALK-Gen während der Testphasen deaktiviert wurde. Ihre Artgenossen, die genauso viel fraßen und gleichviel Bewegung hatten, verbrannten unterdessen 50% weniger Fett. Grund dafür ist ein Anstieg von freien Fettsäuren im Blutplasma der behandelten Tiere, wodurch Michael Orthofer vom Institut für Molekulare Biotechnologie darauf schließt, dass das Gen den Fettstoffwechsel beeinflusst. Weiter erklärte er, dass eine bloße Ausschaltung des Gens in den Fettgeweben alleinig nicht ausreiche, um die erhoffte Wirkung einer Gewichtsveränderung zu erzielen: „Als wir jedoch ALK spezifisch in der Gehirnregion des Hypothalamus deaktivierten, konnten wir dieselbe Gewichtsreduktion beobachten, wie bei den Tieren, bei denen ALK im ganzen Körper ausgeschaltet war.“
Ob und wie das Gen künftig, neben der bereits bekannten Krebstherapie, in einer neuen Therapiemöglichkeit in Verbindung mit Übergewicht eingesetzt werden kann, bleibt abzuwarten. Die Forschungen dahingehend gelten als noch nicht vollständig abgeschlossen und werden demnach weiter fortgeführt. Seniorautor Josef Penniger vom IMBA ist hinsichtlich des Potenzials jedoch guter Dinge : „Wir könnten ALK hemmen und wollen dies nun als Nächstes versuchen.“