Laut einem Interview in derStandard mit dem Ernährungsökologen Martin Schlatzer wäre eine vollständig biologisch ausgerichtete Landwirtschaft möglich. Allerdings müssten dafür einige Bedingungen gesetzt werden. Das Interview basiert auf einer kürzlich veröffentlichten Studie vom Zentrum für Globalen Wandel der Universität für Bodenkultur (Boku) und vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FIBL) im Auftrag der Initiative „Mutter Erde“.
Die Kalorienmenge muss erreicht werden
Wichtig ist es, dass mit einer ökologischen Landwirtschaft der Kalorienbedarf des Landes gedeckt werden würde. Durch eine biologisch orientierte Landwirtschaft darf es nicht zu Mangelernährung kommen. Über die konventionelle Landwirtschaft wird der Kalorienbedarf derzeit mehr als gedeckt. Die Produktion liegt sogar etwa 60 Prozent höher als notwendig.
Würde man jetzt auf allen Ackerflächen nur noch bio-zertifizierte Lebensmittel hergestellt, so deckt sich der Bedarf so gerade nicht. In Zahlen bedeutet das, dass 6600 Milliarden Kalorien hergestellt werden könnten, jedoch 6816 Milliarden Kalorien gebraucht würden. Außerdem sollte man auch bedenken, dass die Bevölkerungszahlen in Zukunft auch noch von derzeit knapp 9 Millionen auf über 10 Millionen ansteigen wird.
Die Theorie…
Es gibt zwei Stellschrauben, an denen gedreht werden könnte, um das Ziel einer 100 Prozent biologisch zertifizierten Ernährung zu realisieren. Wir schmeißen immer noch viel zu viele Lebensmittel weg. Würde man diese besser verwerten, so wäre das Ziel erreicht.
Der zweite Erfolgsfaktor ist der Fleischkonsum. Er ist viel zu hoch. Auch Gesundheitsexperten würden eine deutliche Reduzierung befürworten. Diese Einsicht gilt für Deutschland wahrscheinlich noch mehr als für Österreich. Der Hintergrund ist aber kein gesundheitlicher, sondern er hat etwas mit dem Flächenverbrauch zu tun. Die Produktion von einer tierischen Kalorie braucht etwa 10 Mal so viel Platz wie eine pflanzliche Kalorie.
Um auch bei steigender Bevölkerungszahl ausreichend Bio-Lebensmittel herstellen zu können müsste die Lebensmittelverschwendung um 50 Prozent reduziert werden und der Fleischkonsum um etwa 25 Prozent. Aber ist das nur Theorie oder gibt es auch Ansätze, wie das in der Realität umsetzbar wäre. Vielleicht wäre das auch eine Lösung für Deutschland?
In der Praxis…
Ob die Ergebnisse auch für Deutschland übertragbar wären ist fraglich. Zumindest wäre es bei uns nicht ganz so einfach. Zum einen ist die Bevölkerungsdichte hierzulande deutlich höher, zum anderen sind unsere österreichischen Nachbarn in puncto hochwertigen Lebensmittel auch schon deutlich weiter als wir. Aber es gäbe einen Weg aus dem „Immer-Billiger-Dilemma“.
Würde man die, durch das Lebensmittel verursachten Umweltkosten, in den Lebensmittelpreis einrechnen, so würden sich die Preise deutlich verschieben. So wären konventionelle Lebensmittel deutlich teurer. Auch tierische Produkte würden deutliche Aufschläge erhalten.
Durch diese Maßnahme würden wir nicht nur die Umwelt schonen, sondern auch unserer Gesundheit etwas Gutes tun.