Eine schottische Studie belegt: Schon leichtes Übergewicht begünstigt das Risiko für Herzinfarkt, Herzschwäche und Schlaganfälle. Damit scheint die Frage vom Tisch, ob ein kleines Wohlstandsbäuchlein nicht doch gut für den Körper ist.
Das Adipositas-Paradoxon
Man nennt es das „Adipositas-Paradoxon“, auch „reverse“ oder „paradoxe Epidemologie“: In einer Reihe von epidemiologischen Studien wurde festgestellt, dass Patienten mit Übergewicht bei bestimmten Erkrankungen eine höhere Lebenserwartung haben als Normalgewichtige. Dies wurde unter anderen in Untersuchungen zu Chronischer Herzinsuffizienz, Arterieller Hypertonie und Diabetes Typ 2 beobachtet. Im Volksmund hat sich festgesetzt, dass leichtes Übergewicht gesundheitliche Vorteile mitbringt. Dies stimmt nur teilweise, da sich diese Vorteile ausschließlich bei bereits erkrankten Menschen mit Adipositas feststellen ließen.
Das Paradoxe daran ist, dass das Risiko, eine der genannte Erkrankungen zu erwerben, durch Übergewicht erhöht wird. Anders ausgedrückt: Wenn die Betroffenen normalgewichtig wären, wären sie eventuell gar nicht erst erkrankt. Dennoch schien es ein Faktum, dass die Überlebenschancen bei schweren Erkrankungen erhöht sind, wenn man über ein wenig Fettreserven verfügt. Letzteres wird als eine der Ursachen vermutet, warum das Paradoxon überhaupt auftritt. Der exakte Grund, konnte bisher in wissenschaftlichen Studien nicht ermittelt werden. Vielleicht, weil es doch nicht stimmt?
Normalgewicht ist doch besser
Die aktuelle Studie der Universität Glasgow beweist nämlich genau das Gegenteil, zumindest was Herz-Kreislauferkrankungen anbelangt. „Je weniger Fett, insbesondere um den Bauch, desto geringer das Risiko für spätere Herzerkrankungen“, erläutert Erstautorin Stamatina Iliodromiti. Fast 300.000 gesunde Studienteilnehmer im Alter von 40 bis 69 Jahren wurden zwischen 2006 und 2010 von Iliodromiti und ihrem Team beobachtet. Nach Auswertung der Ergebnisse, bei der Einflussfaktoren wie Rauchen und Bluthochdruck berücksichtigt wurden, kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass das geringste Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen bei einem Body-Mass-Index (BMI) zwischen 22 und 23 auftrat. Bis zu einem BMI von 25 spricht man von Normalgewicht.
Steigt der BMI-Wert um 5,2 Punkte, steigt das Risiko für eine Herzkreislauf-Erkrankung bei Frauen um 13 Prozent. Bei Männern reichen für den gleichen prozentualen Anstieg schon 4,3 BMI-Punkte. Neben dem BMI ist vor allem der Taillenumfang entscheidend: Das beste Ergebnis, also das geringste Risiko für eine Erkrankung, hatten Frauen mit einem Umfang von 74 Zentimetern, Männer mit 83 Zentimetern. Bauchfett ist besonders riskant, da es verstärkt entzündungsfördernde Botenstoffe freisetzt, die schädlich für die Blutgefäße sind. Die Studie legt also älteren Menschen nahe, ein Normalgewicht anzustreben, auch wenn das im Alter schwieriger ist. Doch sie zeigt auch, dass jedes Kilo zählt! Die Ergebnisse müssen nun in anderen Studien weiter belegt werden.