Ja, wir wissen es eigentlich. Mehr Pflanzen essen statt Tiere. Das ist so langsam zu einer allgemeingültigen Weisheit geworden, wenn es um gesünderes Essen geht. Jeder kann sich darauf einigen, dass Obst, Gemüse, Getreide, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen einfach gesund sind und grundsätzlich gesünder als tierische Produkte. Dennoch ist die Studienlage oft unübersichtlich. Die einen sagen Fleisch ist krebserregend, die nächsten behaupten, es gäbe keinen Zusammenhang zwischen Fleischkonsum und Sterblichkeit. Ja was denn nun?
Ernährungsstudien durchzuführen und zu soliden Ergebnissen zu kommen ist quasi unmöglich. Solche Studien sind wegen der Sache an sich schon anfällig für Fehler: entweder die Befragten geben ein besseres Essensverhalten an als es tatsächlich ist, oder sie verhalten sich grundsätzlich gesünder, Rauchen weniger und machen mehr Sport oder eine Änderung des Essensverhaltens wird nicht registriert. Tja und dann gibt es da noch das Problem: was für die eine Person gut und gesund ist, muss es nicht zwangsläufig für eine andere Person sein. Der menschliche Körper macht zudem eine Menge unterschiedlicher Dinge mit und passt sich den Gegebenheiten an. Letztendlich kann jede Studie, die sich mit Ernährung und deren Auswirkung auf unsere Gesundheit beschäftigt nur von Korrelationen und nicht von Kausalität sprechen. So viel vorneweg. Dennoch kann man zwischen gut angelegten Studien und weniger gut angelegten Studien unterscheiden und so eine gewisse Aussagekraft den Studien unterstellen.
Eine aktuelle Studie trifft die Kriterien einer guten Studie
Eine groß angelegte Kohortenstudie mit langer Nachbeobachtungszeit und guter Repräsentativität wäre zum Beispiel eine solche Studie, die eine gewisse Aussagekraft haben. Und genau so eine Studie wurde im Juli 2020 im Journal of the American Medical Association veröffentlicht. Dabei wurde die Auswirkung von tierischem und pflanzlichem Protein auf die Gesamtsterblichkeit untersucht. Die prospektive Kohorte der untersuchten Menschen umfasste 237.036 Männer und 179.068 Frauen (Gesamt also über 400.000 Teilnehmer) im Alter zwischen 50 und 71 Jahren. Berücksichtigt wurden dabei klinische sowie andere Risikofaktoren, die mit einer erhöhten Sterblichkeit assoziiert sind, um so die Auswirkungen der Zufuhr von Pflanzenprotein in der Nahrung auf die Gesamtsterblichkeit betrachten zu können.
Die Teilnehmer wurden über 16 Jahre beobachtet und mussten zu Beginn der Teilnahme einen ausführlichen Fragebogen über Nahrungsmittel und Portionsgrößen ausfüllen. Daraus errechneten die Forscher die ernährungsbedingte Aufnahme von Proteinen, Ballaststoffen, Obst und Gemüse durch die Anwendung der Nährstoffdichtemethode. Der mittlere Anteil der täglichen Energiezufuhr an Gesamtprotein lag bei 15,3 Prozent wobei 40 Prozent davon aus pflanzlichen Quellen stammten und 60 Prozent aus tierischen.
Schon wenig Ersatz erzielt ein gutes Ergebnis
Zusammenfassend kamen sie zu dem Ergebnis, dass der Ersatz von 3 Prozent der Energie aus tierischen Proteinen durch pflanzliches Protein mit einer verringerten Gesamtsterblichkeit einhergeht. Das Risiko sank sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen um 10 Prozent! Vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen traten weniger bei den Personen auf, die mehr Proteine aus pflanzlichen Quellen beziehen. Besonders interessant ist, dass eine Substitution von Eiprotein durch pflanzliches Protein ein um 24 Prozent geringeres Risiko für Männer und ein um 21 Prozent geringeres Risiko für Frauen bezüglich der Gesamtsterblichkeit ergab. Auch der Ersatz von Rotfleischprotein war mit einem geringeren Risiko für Männer (13 Prozent) und für Frauen (15 Prozent) assoziiert. Wurde das rote Fleisch aber durch weißes Fleisch ersetzt ergab sich keine Reduktion der Gesamtmortalität, weder bei den Männern noch bei den Frauen.
Das heißt, das Ersetzten einer tierischen Proteinquelle bei einer Mahlzeit am Tag durch eine pflanzliche Quelle wie Hülsenfrüchte, Nüsse oder Vollkorngetreide, kann schon eine lebensverlängernde Maßnahme sein! Rotes Fleisch nur durch das „gesündere“ weiße Fleisch zu ersetzt bringt bezüglich der Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Krebs und Atemwegserkrankungen laut dieser Studie nichts. Die Forscher weisen zudem darauf hin, dass sich die Substitution von Fleisch durch hochwertige pflanzliche Proteine positiv auf den Gesamtcholesterinspiegel im Blut und das LDL-Cholesterin auswirkt. Diese Faktoren wiederum sind eng an das Entstehen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfällen gekoppelt, was die positiven Auswirkungen der pflanzlichen Proteine erklären würde.
Letztendlich lässt sich also weiterhin darauf einigen: Pflanzen essen ist gesund. Und schon einen kleinen Teil der täglich aufgenommenen Proteinmenge durch pflanzliche Proteine zu ersetzten bringt einen großen Vorteil für die eigene Gesundheit. Kleinvieh macht in diesem Fall auch (guten) Mist.