Gluten ist viel diskutiert. Ich höre und lese ständig von diesen abstrusen Aussagen „wer keine Zöliakie hat, der soll doch gefälligst Brot essen“ oder „eine unbegründete glutenfreie Ernährung kann gefährlich sein“. Nein, nein und nochmals nein. Ganz langsam sickert es hier und da durch, dass es auch so etwas wie eine Glutensensitivität gibt, die zu unterschiedlichen, teilweise schweren, Krankheitssymptomen führt, die nicht als Zöliakie diagnostiziert werden können.
Autoimmunerkrankungen durch Gluten
Gluten ist ein Klebereiweiß im Weizen und vielen anderen Getreidearten. Weil es so schön klebt und damit das Backen vereinfacht – die Ruhezeit von Teig kann dadurch und durch andere Zusatzstoffe verkürzt werden – wurden in den letzten Jahrzehnten stark glutenhaltige Getreidesorten hoch gezüchtet. Aber dieses Klebereiweiß kann im Darm kaum von Enzymen abgebaut werden und dadurch kann eine Immunreaktion ausgelöst werden, die unter Umständen zu chronischen Autoimmunerkrankungen führen kann.
So einfach ist es also nicht mit dem Gluten. Vor allem nicht in der heutigen deutschen Ernährungsweise die viel aus Backwaren und Brot besteht. Seine Ernährung diesbezüglich also zu adaptieren und zu überdenken halte ich für außerordentlich sinnvoll. Das heißt nicht, dass es grundsätzlich gesünder ist komplett auf glutenhaltige Lebensmittel zu verzichten. Aber es kann bei vielen einen gesundheitlichen Vorteil bringen weniger Gluten zu sich zu nehmen.
Gluten in der Schwangerschaft
Das konnte man nun auch bei Schwangeren feststellen. In einer Studie wurden die Zusammenhänge einer glutenhaltigen Kost der Mutter und dem daraus resultierenden Typ-1-Diabetes Risikos des Kindes erforscht. Viele Forscher gehen davon aus, dass diese Autoimmunerkrankung in der frühesten Kindheit oder sogar schon vor der Geburt beginnt. Aktuell steigen die Zahlen der an Typ-1-Diabetes erkrankten Kinder in Nordeuropa um 3-4%. Die Ursachen sind bislang unklar.
In einer Tierstudie mit NOD-Mäusen (non-obese diabetic Mouse) konnte bereits beobachtet werden, dass an Typ-1-Diabetes erkrankte Mäuse bei einer lebenslangen glutenfreien Kost gesund bleiben. Später konnte festgestellt werden, dass sogar eine glutenfreie Ernährung des Muttertieres während der Schwangerschaft dafür sorgen kann, dass das an Typ-1-Diabetes erkrankte Tier gesund blieb.
Diese Ergebnisse nahmen die Forscher zum Anlass die Korrelation von glutenhaltiger Kost während der Schwangerschaft und dem Typ-1-Diabetes Risiko des Kindes beim Menschen zu erforschen. Für die Untersuchung wurden die Daten von 63.529 Teilnehmerinnen der Danish National Birth Cohort ausgewertet. Die Frauen füllten in der 25. Schwangerschaftswoche einen 360-Punkte-Fragebogen bezüglich ihrer Ernährungsgewohnheiten aus. Aus diesen Angaben errechneten die Forscher den Glutengehalt der Nahrung und setzten diesen mit den späteren Erkrankungen der Kinder an Typ-1-Diabetes in Verbindung.
Je mehr Gluten in der Nahrung, um so höher das Risiko für das Kind
Sie konnten sehen, dass Kinder, deren Mütter die höchste Glutenaufnahme (20g/Tag oder mehr) hatten, doppelt so häufig an Typ-1-Diabetes erkrankten, als Kinder deren Mütter am wenigsten Gluten aufgenommen hatten (weniger als 7g/Tag). Außerdem war die Wirkung des Gluten dosisabhängig: pro 10g/Tag Gluten in der Nahrung der Mutter stieg das Diabetesrisiko des Kindes um 31%. Noch sehen die Forscher das nicht als Beweis, dass Gluten in der Nahrung für die Zunahme des Typ-1-Diabetes bei Kindern verantwortlich ist, dennoch gibt es dadurch eindeutige Hinweise auf eine Kausalität, die gerne mehr erforscht werden sollte.
Also wird aktuell noch keine Empfehlung für eine glutenarme Kost an Schwangere herausgegeben, sollten sich die Ergebnisse aber bestätigen, kann dies in näherer Zukunft passieren. Für den aktuellen Stand heißt es dennoch: es gibt wunderbare glutenfreie Alternativen zu Nudeln und Brot die gerne mehr Einzug in unsere Küche finden dürfen.