Bundesernährungsministerin Julia Klöckner hat sich gegen die Einführung einer farblichen Kennzeichung vom Nährstoffgehalt auf Lebensmitteletiketten im Ampelformat ausgesprochen.
Klöckner auf Linie mit Lebensmittelindustrie
Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gegenüber rechtfertige die CDU-Politikerin ihre Meinung mit dem Argument, dass eine vereinfachte Ampelkennzeichnung mehr Verwirrung stiften, als aufklären würde. Um dies zu untermauern, zog sie das Beispiel eines frisch gepressten Orangensafts heran, der aufgrund seines natürlich Zuckergehaltes eine rote Kennzeichnung erhalten würde, während eine zuckerfreie Limonade nach diesem System mit einem grünen Siegel versehen werde.
Sie bevorzuge einen ganzheitlichen Ansatz, der das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung schärft. Auch die Lebensmittelindustrie steht einer Ampelkennzeichnung kritisch gegenüber. Allerdings haben sich einige Großkonzerne zu einer Koalition zusammengeschlossen, die ein Ampelsystem nach britischem Vorbild durchsetzen möchte. Diese „Industrieampel“ ist aber nach Einschätzung der Verbraucherorganisation Foodwatch ein Täuschungsversuch am Konsumenten, da die Kennzeichnung faktisch einen hohen Zucker- oder Fettgehalt verschleiere.
Wissenschaft und Verbraucherschutz für Ampelkennzeichnung
Mars, einer der betroffenen Lebensmittelkonzerne, ist mittlerweile aus dem Vorhaben ausgestiegen und fordert eine einheitliche, europaweit geltende Nährwertkennzeichnung. Damit stellt sich der Lebensmittelindustrie-Gigant mit den Verbraucherschutzorganisationen auf eine Linie, die sich schon lange für ein in ganz Europa gültiges Kennzeichnungssystem einsetzen. Auch die große Koalition erkennt den Bedarf einer Nährwertkennzeichnung, möchte aber ein eigenes Modell entwickeln, durch das der Gehalt der Stoffe „gegebenenfalls vereinfacht visualisiert wird.“ Das entsprechende Konzept soll mit Lebensmittel- und Verbraucherverbänden, sowie mit Rücksicht auf kleinere Anbieter bis Sommer 2019 fertig gestellt werden.
Unterdessen wirft Renate Künast Frau Klöckner vor, mit ihrer Haltung der Lebensmittelindustrie bewusst zuzuspielen. Verbraucher hätten aber ein Recht auf Aufklärung und bräuchten einfache und klare Hinweise auf den Verpackungen. „Deshalb muss es eine Lebensmittelampel geben“, schließt sie. Unterstützung bekommt sie mit dieser Sichtweise aus dem wissenschaftlichen Lager. Auch dieses empfiehlt eine Ampelkennzeichnung, weil der Verbraucher für eine bewusste Kaufentscheidung viel Zeit und Aufwand in das Lesen von Verpackungsrückseiten investieren müsste. „In der Mehrheit der Fälle möchten die Menschen keine aufwendigen Vergleiche anstellen oder gar Kopfrechnen“, resümiert Steffen Jahn, Konsumentenforscher und Leiter einer entsprechenden Studie an der Universität Göttingen.