Vielen Menschen ist es peinlich, zum Essen im gediegenen Restaurant um Leitungswasser zu bitten. Man kommt sich vielleicht knauserig vor, als ob man sich nichts „Richtiges“ leisten könne. Oder man bevorzugt zwar den Gänsewein, erliegt aber den Werbeversprechen von Trinkwasser-in-Flaschen-Umfüllern (auch „Produzenten von Tafelwasser“ genannt).
In vielen Restaurants wird der verlegenen Bitte nachgekommen – in immer mehr Lokalen wird es jedoch hierzulande auch mal verweigert, mit Verweis auf die Getränkekarte. Ganz anders in Frankreich: Hier gehört kostenloses Leitungswasser zu jeder Mahlzeit in einem Speiselokal dazu. Und zwar per Gesetz. Seit fünfzig Jahren.
1967 erließ die Generaldirektion für Wettbewerb, Verbrauch und Betrugsbekämpfung ein Dekret, dass die kostenlose Karaffe Wasser zum Essen vorschreibt.
Französische Lebensart oder bürokratische Kuriosität?
Der Ansatz ist natürlich löblich, denn neben der Service-Qualität ist es auch ökologisch sinnvoll. Leitungswasser hat nun mal im Vergleich eine unschlagbare Energiebilanz: Es werden keine Flaschen produziert, transportiert und entsorgt, ebensowenig Abfüllanlagen. So verbindet sich hier Umweltschutz mit Gastgeber-Qualitäten, ein gutes Leben mit gutem Tun.
An anderer Stelle kann Frankreich noch nachbessern: In einigen Regionen ist das Trinkwasser deutlich mit Chlor versetzt, was man natürlich schmeckt. Deshalb lassen leider doch etliche Gäste die gereichte Karaffe stehen. Und bestellen ein Getränk aus der Flasche.